Wohnen am Wasser hat seinen Preis

Beiträge und Selbstbeteiligung steigen bei ostdeutschen Allianz-Hausversicherungen

  • Harald Lachmann
  • Lesedauer: 3 Min.
In ostdeutschen Hochwassergebieten wird es teurer, Gebäude zu versichern. Die Allianz ändert nach 25 Jahren die Risikoklassen.

Die Allianz verteuert 2014 ihre Gebäudeversicherungen in ostdeutschen Hochwassergebieten. Denn das dramatische Hochwasser im Juni 2013 bedeutete auch für den umsatzstärksten Versicherungskonzern der Welt einen Schlag ins Kontor. Allein in Sachsen zahlte die Allianz Deutschland AG bis Dezember 190 Millionen Euro an Flutopfer aus. Die Ursachen dafür liegen im späten Frühjahr 1990. Damals kaufte die Allianz das Privatkundengeschäft der Staatlichen Versicherung der DDR. Hätten - wie damals häufig kolportiert - alle Ostdeutschen auf einen Schlag ihre Policen gekündigt, da sich für die Staatliche Versicherung lange kein Käufer fand, wäre der DDR-Haushalt um satte neun Milliarden D-Mark geschrumpft. So aber überwies der Münchener Konzern 710 Millionen D-Mark und wuchs um 30 Millionen Policen.

Bis heute führt so die Allianz 450 000 ostdeutsche Kunden mit solch einem Altvertrag. Vier Fünftel von ihnen wohnen in Gebieten, in denen ihnen überbordende Flüsse kaum je den Keller unterspülen. Doch unter den anderen ist eben auch mancher, der sich bereits nach dem Oderhochwasser 1997, der »Jahrhundertflut« 2002 oder der tosenden Neiße 2010 über die Versicherung wieder sanieren konnte. Allein 2002 überwies die Allianz 847 Millionen Euro an Betroffene - das meiste nach Sachsen und Sachsen-Anhalt. Hier seien eben bisher »alle Schäden zu 100 Prozent ersetzt wurden«, betont Allianz-Sprecherin Claudia Herrmann.

Doch das änderte sich nun. Zu Jahresbeginn wurden für 15 000 ostdeutsche Allianzkunden die Daumenschrauben spürbar angezogen. Zuvor waren ihnen Briefe von ihrem allmächtigen Versicherer zugegangen, die sich bei Lichte als Änderungskündigungen betrachten lassen. Denn wer die hierin vorgegebenen Vertragsabwandlungen nicht bis Ende Oktober unterschrieb, verlor 2014 seinen Gebäudeversicherungsschutz. Konkret betraf es Hausbesitzer in den so genannten Gefährdungszonen 3 und 4.

Während sich für die Risikoklassen 1 und 2 zunächst nichts änderte, müssen jene, die im wahrsten Wortsinn nah ans Wasser gebaut haben, nunmehr deutlich tiefer in die Tasche greifen. Denn laut diverser Statistiken ist in Zone 4 alle zehn Jahre mit einem Hochwasser zu rechnen, in Zone 3 alle zehn bis 50 Jahre. Hausbesitzer in der Gefährdungsklasse 3 müssen nun 100 Euro mehr Jahresbeitrag sowie im Schadensfall eine Selbstbeteiligung von 1500 Euro dulden. Für Häuser, die Klasse 4 zugerechnet werden, klettert die Jahresprämie um 150 Euro und der Selbstbehalt beträgt sogar bis zu 3000 Euro. Nur die Deckungssummen steigen damit nicht.

Allein in Sachsen traf dies rund 4800 Hausbesitzer nasskalt, in Thüringen waren es 3400, in Sachsen-Anhalt 3200, in Brandenburg 2000 Allianzkunden. Beim Münchener Großversicherer spricht man indes von mehr Fairness, die damit geschaffen würde. Denn bisher seien flutgeschädigte Kunden »vom Versichertenkollektiv hochgradig subventioniert« worden. Doch dürfe eben die »Solidarität unter den Versicherten nicht überstrapaziert werden«, so Allianzvorstand Severin Moser.

Trotz Kritik seitens der Verbraucherschützer hatten aber auch diese letztlich den ostdeutschen Allianzkunden geraten, im Zweifel besser die neuen Konditionen anzunehmen. Denn wer aus Ärger darüber gekündigt hätte, stünde nunmehr bei der nächsten Flut leicht ganz ohne Schutz da, so Andrea Heyer von der Verbraucherzentrale Sachsen. Finde sich doch gerade in stark gefährdeten Lagen mittlerweile kaum noch ein alternativer Versicherer. Selbst die Allianz hatte Kunden, die zu dicht im potenziellen Flutgebiet wohnen, überhaupt kein Angebot mehr gemacht.

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