Aufstand gegen Fahrpreiserhöhung in Rio

Brennende Barrikaden und Tränengas: Hunderte liefern sich Schlacht mit der Polizei / Journalist schwer verletzt / Erneut Toter auf WM-Baustelle

  • Lesedauer: 3 Min.

Rio de Janeiro. Hunderte Menschen haben im Zentrum Rio de Janeiros gegen eine Anhebung der Fahrpreise in öffentlichen Bussen protestiert. Nach einer zunächst friedlichen Demonstration kam es zu Ausschreitungen, bei denen mindestens sieben Menschen verletzt wurden, wie lokale Medien berichteten. Ein Kameramann des TV-Senders Band wurde von einem Sprengsatz am Kopf getroffen und schwer verletzt in ein Krankenhaus gebracht. Unklar blieb zunächst, ob Polizisten oder Randalierer für die Tat verantwortlich waren.

Der Kameramann wurde in einem Polizeiauto ins Krankenhaus gefahren. Er habe viel Blut verloren, hieß es in einer Mitteilung des Senders. »Sein Zustand ist ernst.« Nach Angaben der brasilianischen Vereinigung für Investigativjournalismus (Abraji) ist der Kameramann bereits der dritte Journalist, der seit Jahresanfang bei Demonstrationen verletzt wurde.

Demonstranten hatten am Donnerstagabend die Bahnstation »Central do Brasil« gestürmt und dort zahlreiche Drehkreuze zerstört, durch die die Passagiere gehen müssen. Es kam zu Tumulten. Die Bahnbetreiber forderten Polizei an. Einige Protestierende bewarfen die Sicherheitskräfte mit Steinen und schleuderten auch Feuerwerkskörper auf die Beamten, die ihrerseits Tränengasgranaten einsetzten. Vor der Bahnstation wurden Chemie-Klos in Brand gesetzt und auf einigen Straßen Barrikaden angezündet, wodurch zahlreiche Busse steckenblieben. Die Polizei nahm nach Medienangaben rund 30 Personen fest.

Die Proteste richteten sich gegen eine in Rio geplante und von diesem Samstag an wirksame Erhöhung der Busstarife. Statt 2,75 Reais (85 Euro-Cent) soll der Fahrschein künftig 3 Reais (92 Euro-Cent) kosten. Geplante Fahrpreiserhöhungen hatten im vorigen Sommer in zahlreichen Städten Brasiliens über Wochen zu massiven und landesweite Protesten geführt. Wegen der Demonstrationen verzichteten die meisten Stadtverwaltungen - auch in Rio - auf die Fahrpreiserhöhung. In der Stadt am Zuckerhut sollten die Preise damals von 2,75 auf 2,95 Reais erhöht werden.

Die Proteste hatten sich im Laufe der Zeit aber auch gegen Misswirtschaft, Korruption und die Milliarden-Kosten für die Fußball-Weltmeisterschaft gerichtet. Rio ist am 13. Juli Austragungsort des WM-Finales. In den vergangenen Wochen war es in mehreren Städten des Landes wieder zu Protestaktionen gekommen, die unter dem Motto »Não vai ter Copa« (»Es wird keine WM geben«) standen.

Derweil ist nei den Bauarbeiten für das WM-Stadion in Manaus erneut ein Arbeiter ums Leben gekommen. Der 55-Jährige wurde bei der Demontage eines Krans von einem herabfallenden Gegenstand am Kopf getroffen. Er starb nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Agência Brasil im Krankenhaus an seinen Verletzungen. Es ist bereits das vierte Todesopfer bei den Arbeiten in Manaus. Im März 2013 war ein Arbeiter nach einem Sturz ums Leben gekommen, und im Dezember starb ein 22-Jähriger, der aus fast 40 Metern Höhe von einem Kran stürzte. Zudem starb im vorigen Jahr ein Arbeiter durch einen Herzinfarkt. dpa/nd

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