Lego-Steine aus Tschechien

Dänischer Spielwarenkonzern verlagert große Teile der Produktion

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 3 Min.
Lego löst sich zunehmend von seinen dänischen Wurzeln. Für viele Beschäftigte des Herstellers der bei Kleinkindern beliebten Bauklötzchen bedeutet dies: Entlassung.
Nach monatelanger Vorarbeit hat der Vorstand des Spielwarenherstellers Lego seine Pläne für den längerfristigen Konzernumbau vorgestellt. Wie bereits Anfang des Jahres angedeutet, wird ein großer Teil der Produktion vom Hauptsitz im dänischen Billund nach Tschechien verlagert. In Kladno unterhält Lego bereits seit dem Jahr 2000 eine Produktionsstätte. 900 Jobs gehen in Dänemark verloren, doch der leitende Direktor, Jørgen Vig Knudstorp, versprach ein »soziales Gewissen« bei der Abwicklung des Stellenabbaus. Die Wahl des Standortes Kladno begründet Lego mit dessen zentraler Platzierung im Herzen Europas und den damit verbundenen Vorteilen beim Vertrieb in West- wie Osteuropa, wo Legos Marktanteile im Wachsen begriffen sind. Wichtiger noch für die Entscheidung ist, dass Lego nach eigenen Angaben jährlich 135 Millionen Euro an Produktionskosten spart, wenn der dänische Sitz aufgegeben wird. Die Lohnkosten in Tschechien sind so niedrig, dass der Konzern sogar einen Teil der bisherigen Automatisierung wieder aufgegeben und durch Handarbeit ersetzen will. In Billund verbleiben nur die technologisch komplizierte Herstellung der Produktreihen »Bionicle« und »Lego Technic« sowie die Marketing- und Entwicklungsabteilungen. In den vergangenen Monaten wurde bereits die Legofabrik in der Schweiz geschlossen, mehrere hundert Beschäftigte wurden entlassen. Die Umbaupläne sind jedoch nicht auf Europa beschränkt. Die produktion in Südkorea wurde ebenfalls bereits geschlossen, die in den USA soll in den nächsten Monaten nach Mexiko verlagert werden. Lego geht es dabei nicht nur um Produktionsverlagerung in Niedriglohnländer. Die betroffenen Fabriken sollen auch an den in Singapur beheimateten Flextronics-Konzern überführt werden, mit dem Lego bereits seit mehreren Jahren kooperiert. Als erfolgreich aus Sicht des Vorstandes gilt die Zusammenarbeit bei der Produktion der »Duplo«-Bauklötzchen in Ungarn. Durch die Übertragung der Produktion an einen Fremdproduzenten sinkt die Beschäftigtenzahl bei Lego weiter. Um die Jahrtausendwende waren noch rund 8300 Beschäftigte weltweit bei dem dänischen Spielwarenkonzern angestellt, während es Ende 2006 nur noch gut 3000 sein werden. Auch an den »Legoland«-Vergnügungsparks in Billund, im bayerischen Günzburg, im englischen Windsor sowie in Kalifornien ist der Namensgeber nur noch Minderheitsaktionär. Nach den gewaltigen Verlusten der letzten Jahre heißt das strategische Motto Konzentration auf das Kerngeschäft, also die Spielzeugproduktion. Und diese soll möglichst »lean« (schlank) organisiert werden. Dies geht gerade zu Lasten der Beschäftigten im Heimatland Dänemark. Presseberichten zufolge nahmen sie die Ankündigung des massiven Stellenabbaus auf Mitarbeiterversammlungen gefasst bis resigniert entgegen. Gerüchte waren in den letzten Monaten reichlich um Umlauf gewesen. Die Entlassungen im Produktions- und Distributionsbereich betreffen vorwiegend Ungelernte. Gewerkschaftsvertreter äußerten sich trotzdem optimistisch, dass die meisten von ihnen rasch wieder Arbeit finden werden. In und um Billund habe sich in den vergangenen Jahren eine Reihe Unternehmen angesiedelt, die einen Teil der Entlassenen »absorbieren« könne. Tatsächlich gehört die Region Westjütland zu den Wachstumszentren in Dänemark. Die starke Konjunktur der letzten Jahre hat hier bereits zu einem Defizit an qualifizierten Arbeitskräften geführt.

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