Unsichere Zeiten für Windenergie

Streitereien um Subventionen und Trassenbau gefährden die Offshore-Industrie

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Trotz Verzögerungen bleibt die Windpark-Wirtschaft optimistisch. Denn hohe Renditen locken momentan noch Investoren.

Obwohl der Problem-Windpark »Riffgat« vergangene Woche mit einem halben Jahr Verspätung endlich ans Netz gegangen ist, fährt die Energiewirtschaft weiterhin auf rauer See. Alle Meereswindparks sind nämlich aufs Stromnetz angewiesen: So lag »Riffgat« lange im Zeitplan, bis der Fund von Munition den Anschluss durch Tennet monatelang bremste. Der niederländische Stromnetzbetreiber muss sämtliche Anschlüsse für Windparks in der Nordsee legen. Damit der Windstrom dann reibungslos von Nord nach Süd fließt, bedarf es weiterer Stromtrassen.

Zunächst hatten Investoren, Fonds und Banken jahrelang gezögert. Erst seit die Bundesnetzagentur 2011 die Renditen für Investitionen auf 10,48 Prozent vor Steuern festlegte, kam die Finanzierung in Gange. Für Matthias Kurth, damals Präsident der Bundesnetzagentur, war die üppige und zudem vom Staat garantierte Rendite notwendig: »Wir brauchen Anreize, die den Netzausbau auch bei der Finanzierung beschleunigen.«

Jetzt fließt das Kapital. Etwa für die 800 Kilometer lange Suedlink-Verbindung, die ab 2022 Windstrom von Schleswig-Holstein bis nach Baden-Württemberg transportieren soll. Doch viele Bürger vor Ort laufen Sturm. Gegenwind gibt es auch aus einigen Ländern. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) machte kürzlich bundesweit Schlagzeilen, als er ein Moratorium beim Netzausbau vorschlug - offensichtlich mit Rücksicht auf lokale Proteste kurz vor den Kommunalwahlen. Zudem rührt sich auch Widerstand in Kommunen, die selbst von den Subventionen der Energiewende profitieren wollen.

Durch »Riffgat« beträgt die Leistung der installierten vier OffshoreWindparks über 600 Megawatt. Momentan werden weitere acht Parks vor der deutschen Küste gebaut. Sie sollen laut Bundesumweltministerium die Leistung auf 2400 Megawatt Strom erhöhen. Davon dürften 2014 noch sechs den Netzanschluss bekommen, darunter die Windparks »Global Tech 1« und »Dan Tysk« in der Nordsee sowie »Baltic 2« in der Ostsee. Die weiteren Absichten bleiben ehrgeizig: Geplant werden Parks mit einer Leistung von 40 000 Megawatt. Ihr Vorteil: Sie erreichen vergleichbar hohe Betriebsstunden wie konventionelle Kraftwerke.

Größter Hersteller von Offshore-Windkraftwerken weltweit ist Siemens. Am Wochenende bemühten sich seine Betriebsräte zusammen mit der IG Metall Küste um Rückenwind. Sie kritisierten die Ankündigung im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD, den Ausbau der Offshore-Anlagen von 10 auf 6500 Megawatt Leistung bis 2020 zu deckeln. Die Betriebsräte sind sich sicher: Für die Energiewende seien Windparks im Meer »unverzichtbar«, so der Betriebsratsvorsitzende von Siemens-Offshore, Claus Timmann. Ab März stehen Betriebsratswahlen an.

Wie bei der Netzanbindung geht es letztlich ums Geld. Die Finanzierungsexpertin Marita Balks von der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft warnt vor einer Senkung der Subventionen - die bisherigen reichten gerade aus. »Unter diesen Bedingungen ergeben sich Renditen von zehn bis zwölf Prozent für die Anteilseigner«, erklärte Balks. »Das wird angesichts der hohen Risiken von den Investoren auch erwartet.«

Aber Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will in den Jahren 2018 und 2019 die Vergütungen für die Offshore-Windparks um jeweils einen Cent auf 18 Cent je Kilowattstunde absenken. »Das ist ex᠆trem kritisch«, warnt Balks im Sinne von Siemens und Co. Der Kapitalbedarf aus privaten Quellen wird in den nächsten Jahren auf 30 bis 40 Milliarden Euro geschätzt.

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