Schuhe für Atheisten aus Berlin in alle Welt

Bis Saudi-Arabien verkaufen zwei Berliner ihr Schuhwerk für Ungläubige

  • Dominik Speck
  • Lesedauer: 3 Min.
Mehr Humor in den Atheismus bringen, mehr Stil - das ist das Anliegen von David Bonney und seinen Partnern. Sie haben Schuhe entwickelt, auf deren Sohle »Ich bin Atheist« prangt.

Der christliche Hipster von heute hat die volle Auswahl an Accessoires. Es gibt Jesuslatschen, Heiligenbilder auf Jutebeuteln, stylischen Kreuz-Halsschmuck. Was aber ist mit denen, die ihren Atheismus bekennen wollen? In einem Berliner Hinterhof entsteht ein Produkt für sie: Lederschuhe in Kätzchenhodengrau oder Höllenfeuerrot. Auf den ersten Blick wirken sie wie normale Treter, doch die gottlose Botschaft prangt auf den Sohlen: Dick und rot steht dort »Ich bin Atheist«.

»Solange es Dinge wie Kirchensteuern gibt, ist unsere Arbeit notwendig«, sagt David Bonney. Vor knapp zwei Jahren stieg der gebürtige Ire aus der Werbebranche aus, um die Marke »Atheist Shoes« zu entwickeln, damit Nichtgläubige sich künftig an den Sohlen erkennen können. »Atheismus ist postmodern, und auch unsere Schuhe sind postmodern«, sagt Bonney, der sich das Schuhmacherhandwerk und die Grundlagen des Designs selbst beibrachte. »Es kaufen aber auch Gläubige unsere Schuhe, einfach weil sie schön sind«, sagt er.

Die »Atheist Shoes« seien im Bauhaus-Stil gehalten, wie Bonney erklärt, funktional und schlicht. Sie wurden schnell ein Verkaufsschlager, mittlerweile stellen Bonney und seine beiden Kollegen nur noch die Babyschuhe in ihrem Berliner Hinterhof-Loft her. Alle anderen Modelle werden in Portugal produziert. Von Berlin aus werden die Schuhe dann in alle Welt verschickt, überall mit der deutschen Aufschrift »Ich bin Atheist« auf einer Sohle und verschiedenen englischen Sätzen wie »Darwin Loves« auf der anderen. Ein bewusstes Gegenstück zu »Jesus loves you«-Botschaften. Die Babyschuhe ziert ein »Ich glaube an meinen Daddy«.

»Zwei Paar Schuhe haben wir sogar nach Saudi-Arabien verkauft«, erzählt der 35-Jährige. Dort droht Atheisten die Todesstrafe. »In Berlin mag es nicht provokant sein, mit diesen Schuhen herumzulaufen, anderswo schon«, sagt Bonney und kramt einen Brief aus Alabama hervor. Zwei Kunden aus dem US-Bundesstaat beschreiben darin das harte Los, im strenggläubigen »Bible Belt« Atheisten zu sein. »Es ist dort schlimmer, Atheist zu sein als homosexuell«, sagt Bonneys Kollege Tobin James Stuart. In Deutschland hielten sich die Anfeindungen in Grenzen. »Vor Kurzem haben wir aber einen Brief von einem bayerischen Priester bekommen«, erzählt Stewart. »Er schrieb uns, Atheisten seien bemitleidenswerte Wesen.«

Als militante Atheisten wollen Bonney und seine Kollegen aber nicht verstanden werden. »Wir wollen niemanden konvertieren. Aber wir wollen erreichen, dass Leute erkennen, dass sie Atheisten sind«, fasst Stewart den Anspruch des Labels zusammen. Ein Politiker, der sich offen mit ihren Schuhen zeigt, das wäre ein Erfolg für sie. Doch allzu ernst nehmen sie ihre Arbeit nicht. »Wir lieben es, uns über Atheismus lustig zu machen«, sagt Bonney. »Wir bringen mehr Humor in den Atheismus, mehr Stil und Design. Lange Zeit war Atheismus viel zu nüchtern und rational.«

»Religionen tun so, als ob sie ein Monopol darauf hätten, Gutes zu tun«, sagt Bonney. Doch auch der Atheismus kenne Moral. Deshalb haben die Macher Schuhe an Obdachlose verschenkt, deshalb will »Atheist Shoes« in Zukunft zehn Prozent der Gewinne für gemeinnützige Zwecke spenden: »Und zwar nicht an irgendwelche Organisationen, sondern an solche, die das Chaos bereinigen, das Religionen weltweit anrichten.« Man denke beispielsweise an die Bekämpfung der weiblichen Genitalverstümmelung in Afrika. »Die westlichen Kirchen würden sagen, das sind kulturelle Traditionen, keine religiösen. Aber wahr ist doch, dass beides eng miteinander verknüpft ist«, sagt Bonney.

Er ist überzeugt: »Der Atheismus ist auf dem Vormarsch.« Der irische Katholizismus implodiere. Eine Welt ganz ohne Religion, das ist das, was sich Bonney und seine Kollegen wünschen - bei allem Respekt vor Gläubigen und dem Wert der Religion, den sie durchaus anerkennen. Trotzdem hoffen sie, dass die Religionen nicht allzu schnell verschwinden: »Dann wäre unsere Arbeit ja überflüssig.« epd

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