Keine Schienen mehr von ThyssenKrupp

Stahlkonzern will Gleissparte teils verkaufen, teils Standorte stilllegen

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 2 Min.
ThyssenKrupp will seine Gleistechniksparte aufgeben. Nun sind 260 weitere Arbeitsplätze im Ruhrgebiet bedroht. Die IG Metall fordert: Keine betriebsbedingten Kündigungen.

ThyssenKrupp ist mit seinem Versuch gescheitert, seine Gleistechniksparte profitabel und in Gänze zu verkaufen. Nun sind nach Unternehmensangaben 260 weitere Arbeitsplätze beim Stahl- und Technikkonzern akut bedroht. Sie sollen bis zum Ende des Geschäftsjahres 2014/15 wegfallen - wohl zusätzlich zu jenen 3000 Stellen meist im Dienstleistungsbereich, die in Deutschland auf dem Prüfstand stehen, sprich: gestrichen oder ins billigere Ausland verlagert werden sollen.

Zwar habe man in einer »intensiven Sondierungsphase« Kaufangebote geprüft und Gespräche mit potenziellen Käufern geführt, so der Bereichsvorstand »Business Area Materials Services« von ThyssenKrupp am Dienstag. Aber »keines der Angebote konnte die wirtschaftlichen Anforderungen von ThyssenKrupp erfüllen«.

Vor diesem Hintergrund habe der Bereichsvorstand beschlossen, »die Gleistechnikaktivitäten nicht weiter fortzuführen«. Das Geschäft sei nicht profitabel, habe im deutschen Markt keine Wachstumschancen und stehe unter enormem Kostendruck. Nun sollen die Filetstücke verkauft und die übrig bleibenden Standorte, insbesondere Dortmund und Bochum mit jeweils 80 Noch-Beschäftigten, geschlossen werden. Da auch der der Konkurrent TSTG Schienentechnik (Duisburg) sein Geschäft aufgibt, dürften künftig in Deutschland keine Schienen mehr hergestellt werden.

Ruf und Bilanzen von ThyssenKrupps Gleistechniksparte sind ramponiert, seit 2011 ein Schienenkartell aufflog, das seit Jahrzehnten Preis- und Mengenabsprachen getroffen hatte und an dem die Essener beteiligt waren. Rund 200 Milliarden Euro werden ThyssenKrupp die illegalen Absprachen kosten. Das konzernintern bisher mit der Gleistechnik verkoppelte Bautechnikgeschäft gilt indes als profitabel und soll deshalb fortgeführt werden.

IG Metall und Betriebsrat erfuhren von den jüngsten Plänen aus der Zeitung und mussten sich am Dienstag zunächst einmal sortieren. »Der Konzern darf die Beschäftigten nicht für Verfehlungen im Zusammenhang mit dem Schienenkartell zahlen lassen«, forderte Wolfgang Nettelstroth gegenüber »nd«. »Wir brauchen eine Auffanglösung für die betroffenen Kollegen. Vor allem darf es keine betriebsbedingten Kündigungen geben«, sagte der stellvertretende Bezirksleiter der IG Metall Nordrhein-Westfalen.

In früheren Jahrzehnten galten ThyssenKrupp und seine Quell-Unternehmen Thyssen, Krupp und Hoesch als eher sozial und reichlich korporatistisch geprägt. Jedoch drängten in den letzten Jahren Finanzmarktinvestoren in das kriselnde Unternehmen, das durch milliardenschwere Fehlinvestitionen in Brasilien und den USA angeschlagen ist. Erst am 20. Februar hatten 5000 Mitarbeiter lautstark an der ThyssenKrupp-Zen- trale in Essen »gegen Billigtarife und Personalabbau« sowie »Managementfehler« demonstriert.

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