Büros mit Bett und Herd

In Rheinland-Pfalz gibt es seit 15 Jahren ein einzigartiges Abgeordnetenhaus

  • Lesedauer: 2 Min.
Eine lange Sitzung im Landtag, ein Kneipenabend mit der Fraktion: Ist der Weg nach Hause zu weit, können Abgeordnete in Mainz im Büro übernachten. Die Ausstattung jedenfalls ist entsprechend.

Mainz. Die Abgeordneten des rheinland-pfälzischen Landtags haben es nicht weit vom Schreibtisch zum Bett. Die Büros der 101 Parlamentarier sind so ausgestattet, dass sie dort problemlos übernachten können. Jeder hat ein eigenes Bad und eine Küchenzeile.

Seit 15 Jahren wissen die Abgeordneten die Vorzüge zu schätzen, nicht nur für die kleine Pause zwischendurch. Schließlich musste das Land vorher jährlich rund 150 000 Mark für Hotelübernachtungen einplanen. Das Mainzer »Büro-Hotel« für Landtagsabgeordnete ist bundesweit einmalig. In anderen Länderparlamenten wie in Hessen oder NRW gibt es keine Büro-Pritschen, oder sie sind eher eine Ausnahme. Nach Angaben eines Landtagssprechers in Stuttgart gab es zwar ursprünglich mal in jedem Büro des baden-württembergischen Abgeordnetenhauses eine Klappliege. Die seien aber fast ausnahmslos in den vergangenen Jahren abgebaut worden - zugunsten neuer Aktenschränke. Bad und Dusche stehen in jeder Etage jeweils einmal für Frauen und Männer bereit. Im Thüringer Landtag gibt es im Abgeordnetenhaus Übernachtungsmöglichkeiten für Parlamentarier mit weiter Anfahrt nach Erfurt.

Das Schweriner Schloss, Sitz des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern, hat zwar viele Zimmer, es sind aber nicht genug, um jeden der 71 Abgeordneten mit einem eigenen Büro samt Bett und Herd auszustatten. Meist teilen sich zwei Parlamentarier einen Raum. Platznot auch in Dresden: Dort sind die Büros der sächsischen Abgeordneten nur rund zehn Quadratmeter groß. Außer einem Schreibtisch, einem kleinen Beratungstisch, einem Schrank und Regal hat da nichts mehr Platz. Die Brandenburger Abgeordneten residieren zwar seit Anfang des Jahres hinter der wiedererrichteten Fassade des alten Potsdamer Stadtschlosses, sie haben dort aber keine Schlafräume.

Als im Februar 1999 die ersten rheinland-pfälzischen Abgeordneten das neue Gebäude in Mainz bezogen, hielt sich die Begeisterung in Grenzen. Zu teuer, zu hässlich, zu groß so hieß es. Die Parlamentarier vermissten den »anheimelnden Charme« der bisherigen Unterkünfte in zum Teil historischen Gebäuden. Ein Mitarbeiter erklärte, er habe »noch nie in einem derart zugigen Bau gearbeitet« und fürchtete »Erkältungen in Serie«. Wieder andere beschwerten sich über ständige Durchsagen mit Gongs, die sogar auf der Toilette zu vernehmen seien. Doch inzwischen hat sich die Lage längst normalisiert, das »Büro-Hotel« ist angenommen. dpa/nd

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