Krim-Krise: Nato erwägt Truppenverlegung

USA fordern Moskau zu Gesprächen über Sicherheit ukrainischer Soldaten auf / G7 beraten in Den Haag über Ukraine-Konflikt

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Berlin. Die USA haben Moskau zu Gesprächen mit Kiew über die Sicherheit ukrainischer Soldaten aufgerufen. »Berichte über anhaltende Übergriffe gegen ukrainisches Militärpersonal und Einrichtungen zeigen, wie gefährlich die von Russland geschaffene Situation ist«, sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Laura Lucas Magnuson, in Washington. Der prominente US-Republikaner Mike Rogers, der den Geheimdienstausschuss des Abgeordnetenhauses leitet, forderte Waffenlieferungen an die Ukraine.

Derweil zeigt die Nato militärisch Muskeln. In dem Pakt wird inzwischen die Verlegung von Truppen erörtert. Oberkommandeur Breedlove sagte, die Allianz müsse angesichts der russischen Truppenstärke an der ukrainischen Grenze über die Stationierung und Einsatzbereitschaft ihrer Kräfte nachdenken. Das gelte besonders für das Baltikum, aber auch für andere Orte. Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen setzt angesichts der Krise auf eine starke Rolle der Nato. »Jetzt ist für die Bündnispartner an den Außengrenzen wichtig, dass die Nato Präsenz zeigt«, sagte die CDU-Politikerin dem »Spiegel«. In der großen Koalition sorgte sie damit für Irritationen. Der SPD-Außenexperte Niels Annen warf ihr vor, zur Eskalation beizutragen.

Die Nato zeigte sich beunruhigt über die russische Truppenpräsenz an der Ostgrenze der Ukraine. Die Streitkräfte seien so stark, dass sie im Konflikt um die abtrünnige Region Transnistrien auch eine Bedrohung für die frühere Sowjetrepublik Moldau darstellen könnten, sagte Oberkommandeur Philip Breedlove in Brüssel. Außenminister Frank-Walter Steinmeier drohte Moskau mit schärferen Sanktionen, falls sich die Krise ausweite.

Militärische Gebärden kommen aber auch von westlicher Seite. In der vergangenen Woche verlegten die USA zwölf F-16-Kampfjets nach Polen, wo sie an einer Militärübung teilnehmen sollten. Auch wurden 300 US-Soldaten nach Polen geschickt werden, wie das Verteidigungsministerium in Warschau mitteilte. Das Manöver sei schon länger geplant gewesen, hatte Ministeriumssprecher Jacek Sonta vor einer Woche erklärt. Angesichts der »angespannten politischen Situation« in der Ukraine hätten Warschau und Washington nun aber vereinbart, es auszuweiten und vorzuziehen.

Darüber hinaus hatten die USA bereits sechs zusätzliche F-15-Kampfjets ins benachbarte Litauen verlegt. Litauens Verteidigungsminister Juozas Olekas hatte erklärt, die Kampfflugzeuge seien die Antwort auf die »russische Aggression in der Ukraine und eine erhöhte militärische Aktivität in Kaliningrad«, der russischen Exklave an der Grenze zu Litauen und Polen.

Die USA und die Ukraine wollen nach einem Zeitungsbericht an einer für Juli geplanten gemeinsamen Militärübung ungeachtet der Krim-Krise festhalten. Auch Großbritannien werde Soldaten in das Manöver mit dem Namen »Rapid Trident« schicken, habe sich aber noch nicht entschieden wie viele, berichtete der britische »Guardian« am Donnerstag unter Berufung auf Londoner Regierungsquellen. Die Teilnahme der Bundeswehr ist noch offen.

US-Präsident Barack Obama und die anderen Staats- und Regierungschefs der führenden sieben Industriestaaten (G7) beraten an diesem Montag in Den Haag über die Ukraine-Krise. Am Rande eines Gipfels von 53 Staatenlenkern über den Schutz von Nuklearmaterial vor Terroristen will die Siebener-Gruppe ein Zeichen der Gemeinsamkeit und Geschlossenheit gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin setzen. Die G7 wird Russland voraussichtlich davor warnen, die Lage in der Ukraine weiter zu destabilisieren und etwa Truppen in den Osten der Ukraine zu schicken. Zu dem Gipfel kommt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel.

In Donezk in der Ostukraine forderten am Sonntag mehrere tausend Menschen ein Referendum über eine Abspaltung, viele Demonstranten unterzeichneten Probestimmzettel. Für zusätzliche Unruhe sorgten Spekulationen über eine Konzentration russischer Streitkräfte an der Grenze. Moskau wies diese Berichte zurück. Russland halte sich an alle internationalen Vereinbarungen, sagte der stellvertretende Verteidigungsminister Anatoli Antonow der Agentur Interfax zufolge.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat inzwischen die lange erwartete internationale Beobachtermission in der Ukraine gestartet. Die Experten sollen kontrollieren, ob der Schutz von Minderheiten gewährleistet ist und es Anzeichen für Interventionen von außen gibt. Auf die Krim dürfen sie jedoch nicht, da Russland die Halbinsel nach der Annexion als russisches Territorium betrachtet.

An diesem Montag soll auf der Krim neben der ukrainischen Währung Griwna offiziell der Rubel als Zahlungsmittel eingeführt werden. Russlands Präsident Wladimir Putin ordnete zudem die Einführung neuer Verwaltungsstrukturen an. Bis zum 29. März müssen die Polizei und der Zivilschutz, aber auch der Inlandsgeheimdienst FSB und andere Staatsorgane nach russischem Recht errichtet werden.

Eine Mehrheit der Deutschen hat Verständnis für das russische Vorgehen. In einer Umfrage der TNS Forschung im Auftrag des »Spiegels« vertraten 54 Prozent die Ansicht, der Westen solle den Anschluss der Krim an Russland akzeptieren. Agenturen/nd

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