Bergsteigen am Speyerer Dom

Denkmalexperten befürchten Übernutzung des berühmten Gotteshauses

  • Sandra Schipp, Speyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Im Speyerer Doms werden Bereiche, die eigentlich nicht für die ständige Nutzung gedacht sind, touristisch erschlossen. Manche Experten haben Bedenken.

So spektakulär die Aussicht von den vier Türmen des berühmten Speyerer Kaiserdoms ist - zum Begehen waren sie ursprünglich gar nicht gedacht. Ab und zu kletterte mal ein Mitarbeiter die schmalen Holzstufen empor, doch ansonsten war der Aufgang gesperrt. Die Türme der größten noch erhaltenen romanischen Kirche der Welt sollten Gott erfreuen und nicht dem Amüsement der Massen dienen.

Heute ist einer der Türme des Weltkulturerbes ein Besuchermagnet. Seit dem 1. April ist der Südwestturm wieder für die Allgemeinheit zugänglich. Er wurde vor rund zwei Jahren für Publikumsverkehr umgebaut, bekam neue Treppen aus Beton und Stahl und ein Sicherheitskonzept. Wer bis ganz nach oben will, muss Eintritt zahlen und sollte halbwegs fit sein: 304 Stufen sind bis zur Aussichtsplattform in rund 60 Metern Höhe zu bewältigen. Von oben haben die Besucher einen tollen Blick auf Speyer, die Vorderpfalz und das benachbarte Baden.

Aus Sicherheitsgründen dürfen Gäste nur in Gruppen und in Begleitung eines Turmführers auf den Turm. Auch ein Notfallsystem wurde eingebaut, denn die Bergung von dem 60 Meter hohen Turm mit seinen Wendeltreppen wäre sonst äußerst schwierig. Falls nötig, lassen sich die Metalltreppen aufklappen, um eine Krankentrage senkrecht herabzulassen. Bislang sei das System einmal genutzt worden, sagt ein Sprecher des Bistums. Nach seinen Angaben musste im Juni 2013 eine Frau wegen einer Kreislaufschwäche liegend von der Plattform geborgen werden. Damit auch künftig alles reibungslos klappt, wird am 25. April im Turm eine Rettungsübung gemacht.

Im vergangenen Jahr war die Aussichtsplattform erstmals acht Monate am Stück geöffnet. Rund 32 000 zahlende Besucher wurden gezählt - trotz des eher ungünstigen Wetters, wie die Leiterin des Kulturmanagements des Doms, Friederike C. Walter, sagt.

Nicht nur die Türme, sondern auch andere architektonische Besonderheiten des Doms waren ursprünglich gar nicht für das Auge des menschlichen Betrachters gedacht. So wird die Kreuzform des Bauwerks nur aus der Vogelperspektive sichtbar. Auch die Zwerggalerie war primär für Gottes Auge bestimmt - künftig könnte aber auch sie begehbar werden.

Nicht ganz wohl ist Ulrich Kerkhoff von der Generaldirektion Kulturelles Erbe bei dem Gedanken daran, dass Teile des Doms, die nicht für die ständige Nutzung gedacht sind, touristisch erschlossen werden. Er habe schon Bauchschmerzen dabei, räumt der Denkmalpfleger ein. Schließlich sei die Gefahr der Übernutzung groß. Doch wenn die Erlöse tatsächlich voll dem Erhalt des Denkmals zugute kämen, sei es schon eher akzeptabel. Er sei gespannt, ob sich der Zugang zum Turm auch auf Dauer rentiere. Und der zuständige Gebietsleiter des Landesamts für Denkmalpflege betont: Wichtig sei, dass die Bausubstanz nicht angegriffen werde. dpa/nd

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