Archaisch gute Laune

Im Frühling strahlen nicht nur die Sonne, sondern auch die Menschen - drei Wissenschaftler erklären, wieso

  • Valentin Frimmer
  • Lesedauer: 3 Min.
Erste Sonnenstrahlen - endlich: Nach dem Winter tut ein warmer Frühlingstag so richtig gut. Doch woher kommt die gute Laune eigentlich?

»Endlich Frühling!« Bei vielen Menschen herrscht derzeit Hochstimmung, den wärmenden Sonnenstrahlen sei Dank. Das könnte auch so bleiben: Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) wird die zweite Hälfte der Woche fast sommerlich warm. Die ersten lauen Tage fühlen sich einfach gut an. Doch die Frühlingseuphorie ist nicht nur ein schönes Gefühl. Sie kann auch wissenschaftlich erklärt werden. Ein Psychologe, ein Endokrinologe und ein Medizin-Meteorologe beschreiben den Zusammenhang zwischen gutem Wetter und guter Laune.

Besonders bei einem frühen Frühling und bei gutem Wetter steigt die Stimmung. Der Mensch sei darauf programmiert, bei Dunkelheit zu ruhen, bei Licht sei er hingegen auf Aktivität und Hochgefühl gepolt, sagt Peter Walschburger, emeritierter Professor für Biopsychologie an der Freien Universität Berlin. Das bewusste Erleben und das Verhalten der Menschen ändere sich durch einen schönen Frühlingstag radikal.

Dabei kommt es zu positiven Rückkopplungseffekten: »Sie sehen plötzlich viele Menschen draußen. Dadurch gehen sie selber leichter raus.« Außerdem könne man leichter angezogen sein, ein optischer Reiz für das andere Geschlecht: »Sie sehen mehr Pärchen, das ist ein allgemeiner Aufschaukelungseffekt.« Auch Düfte und Vogelgezwitscher haben auf uns Einfluss. »Deswegen ist der Frühling eine unglaubliche Aufbruchzeit« Im Winter ist die Lebensweise hingegen gedämpft: »Wir schlafen länger und werden etwas dicker.«

Sonnenstrahlen ändern auch unseren Hormonhaushalt. Einen besonders starken Einfluss auf unsere Laune haben das Schlafhormon Melatonin und das Glückshormon Serotonin, erklärt Professor Helmut Schatz, Sprecher der deutschen Gesellschaft für Endokrinologie, der Lehre von Hormonen und Stoffwechsel. Wenn es früher hell wird und die Sonne stärker scheint, fällt mehr Licht aufs Auge. Dadurch bekommt die sogenannte Zirbeldrüse - auch drittes Auge genannt - im Gehirn den Befehl: Melatoninproduktion herunterfahren: »Also sind wir munterer.«

Gleichzeitig steigt bei Sonnenlicht die Serotoninbildung. Folge: Mit mehr Glückshormonen im Blut haben wir bessere Laune. Auch die Wärme hat einen Einfluss aufs Gemüt. Allerdings führe Kälte nicht automatisch zu schlechterer Laune: »Denken Sie an einen schönen Wintertag, wenn es minus fünf Grad hat - da fühlen Sie sich auch wohl, wenn sie vor der Skihütte in der Sonne sitzen.«

Der Mensch ist wetterfühlig: »Das liegt in den Genen, das ist archaisch«, sagt der Medizinmeteorologe Gerhard Lux vom Deutschen Wetterdienst. Das Wetter habe Einfluss, obwohl unser Wohlergehen im Gegensatz zu früher nicht mehr vom Wetter abhängt. »Der Körper weiß nicht, dass wir inzwischen Klimaanlagen und tolle Heizungen haben.«

Neben den Sonnenstrahlen selbst spiele im Frühjahr auch das jahreszeitliche Umfeld eine Rolle. »Viele Leute sind unterwegs. Man bekommt Lust auf Eis oder den Biergarten.« Der Körper fahre durch bestimmte Lichtreize wieder hoch und konzentriere sich beispielsweise auf die Nahrungsaufnahme und auf die Sexualität. Prinzipiell sei es ein gutes Zeichen, wenn der Körper auf einen Frühlingstag mit guter Laune reagiere: »Dann funktioniert auch sonst alles ganz gut.« dpa

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