Das alles und noch viel mehr
Bessere Gleichstellung und volles Wahlrecht für Menschen mit Behinderung gefordert
Berlin. »Das alles und noch viel mehr«, sang Rio Reiser einst, »würd’ ich machen, wenn ich König von Deutschland wär’.« Für viele Menschen mit Behinderungen bleiben echte Mitbestimmung und gleiche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben indes weit entfernt: Sie werden behindert. Am Montag haben bundesweit Verbände, Behinderte und Nicht-Behinderte Kritik an fortbestehender Diskriminierung und mangelndem politischen Willen geübt. In Bonn bildeten sie am Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung eine Menschenkette; Organisationen forderten, Lücken bei der Inklusion zu schließen und dem grundgesetzlich verankerten Anspruch umfassender Gleichberechtigung endlich praktisch Rechnung zu tragen.
»Wir brauchen eine informierte und offene Gesellschaft, die behinderte Menschen nicht ausgrenzt, sondern in ihre Mitte nimmt«, so Martin Danner vom Dachverband der Selbsthilfeorganisationen behinderter Menschen. Der linke Europakandidat Gotthilf Lorch kritisierte, die Ratifizierung einer neuen Antidiskriminierungsrichtlinie werde seit Jahren im Europarat blockiert - darin werden unter anderem einklagbare Rechte gegen Diskriminierung in den EU-Ländern verlangt.
Der europapolitische Stillstand hat ein nationales wahlrechtliches Spiegelbild - noch immer wird vielen volljährigen Behinderten in Deutschland die Stimmabgabe verwehrt. Betroffen sind Zehntausende, die unter Totalbetreuung gestellt sind oder in psychiatrischen Einrichtungen leben, so die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Verena Bentele. Dass sie die Tragweite ihres Votums angeblich nicht begreifen, sei eine unhaltbare Stigmatisierung und Annahme, die »nicht der Realität entspricht«. Die UN-Behindertenrechtskonvention schließt die politische Teilhabe an allgemeinen Wahlen ein. tos Seite 2
Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen
Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.