Lautes Pfeifen im Bremer Senat

Die Bundeswehr legt ihr Tanklager in Farge still, doch weiterhin strömen Giftstoffe aus

  • Alice Bachmann, Bremen
  • Lesedauer: 3 Min.
Jahrelang wurde im Bremer Ortsteil Farge gegen Gefährdungen durch das dortige Tanklager des Militärs protestiert. Nun soll es schließen, aber Käufer des Areals könnten dort neue Tanks bauen.

Im Bremer Ortsteil Farge wurden während der Nazi-Diktatur nicht nur viele Menschen zu Tode geschunden beim Bau eines gigantischen U-Boot-Bunkers, auch das größte bekannte unterirdische Tanklager entstand hier in den 1930er Jahren - und war bis vor kurzem in Betrieb. Dies trotz massiver Proteste der Bevölkerung aus der Umgebung, die seit Jahren mit verseuchtem Grundwasser und den Folgen leben muss. Denn die 78 Tanks verlieren Benzol und andere Giftstoffe, zuständig ist die Bundeswehr.

Das Lager liegt zum Teil auf niedersächsischem Gebiet, zum Teil gehört es zum Bundesland Freie Hansestadt Bremen. Nun scheint dieses Kapitel ein Ende zu finden, denn Mitte März teilte die Bundeswehr mit, das riesige Tankdepot endgültig stillzulegen. Kurz zuvor hatte die »Leitstelle des Bundes für Boden- und Grundwasserschutz« einen Masterplan zur Boden- und Umweltsanierung im Bereich des Tanklagers vorgelegt. Der niedersächsische Landkreis Osterholz heftete sich den Erfolg in einer eigens herausgegebenen Pressemitteilung ans Revers, von hartnäckigem Beharren ist die Rede. Und davon, dass der Landkreis vom Bund die Beendigung des Betriebs als Tanklager sowie den Rückbau gefordert habe. Was nun vom Bund zugesagt worden sei.

Allerdings enthält die Mitteilung aus Osterholz auch nachdenkliche Töne. Denn darin heißt es, die Möglichkeit, dass ein Käufer des Geländes wieder eine Tankanlage oder gar ein Treibstofflager darauf installieren will, sei gegeben. Weil aber der Bund zugesagt habe, auf die bisher gültige und aus den 1930er Jahren stammende Betriebsgenehmigung zu verzichten, müsste für ein neues Tanklager eine neue Genehmigung beantragt werden - und zwar nach heute geltendem Recht, also auch nach heutigen Umweltschutzstandards. Das klingt vage und mancher vor Ort fürchtet eine Neuauflage der Tankdepotprobleme. Nachdem es vor einem halben Jahr in Sachen Tanklager ein missverständliches Schreiben des Bundes an die grüne Bremer Finanzsenatorin Karoline Linnert gegeben hatte, sind Bremen und der Landkreis Osterholz vorsichtig geworden.

Auch der grüne Bremer Umweltsenator Joachim Lohse traut dem Ganzen anscheinend nicht so recht, versucht es aber mit lautem Pfeifen im Walde: In einer Pressemitteilung beteuert er, dass der Bund zu seiner Verantwortung stehe und die Sanierung gesichert sei. Der Landkreis und Bremen zeigen sich erfreut über den Masterplan, den der Bund zur Sanierung und Nachnutzung des Geländes aufgestellt hat. Die »Bürgerinitiative Tanklager Farge« (BI) beurteilt die Situation deutlich kritischer. Zunächst kann sie sich zwar freuen, dass es überhaupt nach Jahren des Kampfes gegen den Tanklager-Betrieb und für Umweltschutz einen Masterplan zur Sanierung des Geländes gibt. Aber sie kritisiert, dass das Bremer Umweltressort ein halbes Jahr brauchte, um vom Bund diesen Plan einzufordern. Und dann sieht die BI den Masterplan als unausgegoren an. Es fehlten Zielwerte, Meilensteine und ein klar definiertes Ziel. Auch die Annahme von 20 Jahren als Zeitrahmen zur Beseitigung der Schäden klingt für Henning Leber von der »Bürgerinitiative Tanklager« zu optimistisch.

Die BI und auch der Landkreis Osterholz weisen darauf hin, dass derzeit die Bodenverschmutzungen durch aus dem unterirdischen Lager entweichende Stoffe noch weitergingen. Diese sollten umgehend gestoppt werden, fordert die Bürgerinitiative.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal