Vergleichsarbeiten in Kritik

Bildungsrauschen

  • Lena Tietgen
  • Lesedauer: 3 Min.

Anlässlich des 10. Jahrestages der jährlich durchzuführenden Vergleichsarbeiten in Klasse 3 und 8 (VerA) legten die Gewerkschaft für Erziehungswissenschaft (GEW), der Grundschulverband (GSV) und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) ein gemeinsames Manifest vor, in dem sie ein Umdenken einfordern. VerA schade der Inklusion und erhöhe den Leistungsdruck, so ihre Quintessenz.

Viele der Medien referieren deren Kritik, verweisen aber auch auf andere Stimmen. So donaukurier.de auf die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Sylvia Löhrmann (Grüne), für die der »besondere Stellenwert des Tests darin bestehe, dass Lehrkräfte die Leistungen ihrer Schüler in zentralen Unterrichtsfächern an übergreifend geltenden, objektiven Leistungsmaßstäben überprüfen können.« Außerdem biete VerA den Lehrkräften eine wichtige Standortbestimmung durch den Vergleich mit den Ergebnissen von Parallelklassen an einer Schule und mit den jeweiligen Landesergebnissen. Oder tagesspiegel.de, der den Direktor des Berliner Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB), Hans Anand Pant, zitiert: »Anstatt VerA abzuschaffen, müsse die Trennwand zwischen den VerA-Befunden und der Unterstützung der Schulen überwunden werden.« Sein Institut habe jetzt auch viele leichtere Aufgaben konzipiert, die ab 2015 eingesetzt würden. In den Hunderten mittlerweile entwickelten Aufgaben sehe Pant einen »Schatz«, der von den Schulen noch nicht ausreichend im Unterricht genutzt werde.

Auch User auf spiegel.de beurteilen VerA. So schreibt schmickilini: »Wir haben eine Tochter in der vierten Klasse und sie macht unglaublich gerne bei unterschiedlichen Tests mit. Es ist für sie eine Möglichkeit, sich zu messen und ihr eigenes Leistungsniveau einzuordnen.« sassenach07 dagegen findet: »1. Eine Aussage über den Leistungsstand einzelner Schüler lässt sich aus dieser Vergleichsarbeit nicht machen, da dieser anonym geschrieben wird. 2. Rückschlüsse auf die Unterrichtsqualität sowie Konsequenzen für den weiteren Unterricht können nur dann gezogen werden, wenn es eine fundierte und kleinteiligere Auswertung als ein reines Ranking gäbe. 3. Die Vergleichbarkeit wird durch die, trotz allem vorhandenen, unterschiedlichen Herangehensweisen der Schulen ad absurdum geführt: Natürlich schneidet ein Lehrer oder eine Schule besser ab, an der die Schüler gezielt auf VerA vorbereitet werden. Natürlich ist der Einsatz zumindest einiger Schüler ein anderer, wenn doch ein Name auf dem Test steht. Die Kritik dreht sich in vielen Fällen nicht um die grundsätzliche Frage der Qualitätsmessung, sondern um die Art und Weise.«

Und Karlaschnikow fragt: »Wer kontrolliert die Kontrolleure? Ich bin selber in der pädagogischen Diagnostik tätig und versuche mir meiner Rolle und Verantwortung als ›Tester‹ bewusst zu sein. Ein Test übt häufig einen enormen Druck aus und kann bei unreflektierter Auswertung das Selbstwertgefühl und die Leistungsfähigkeit negativ beeinflussen! Deshalb ist er nur zu rechtfertigen, wenn individuelle Fördermaßnahmen ableitbar sind. Dies ist bei VerA meines Wissens nach nicht der Fall! Deshalb müssen sich die Autoren fragen lassen, welche individuellen, institutionellen und gesellschaftlichen Risiken bestehen und ob diese durch die Ziele aufgewogen werden. Ebenso müssen sie sich fragen lassen, ob eine interne und externe ›ethische‹ Reflexion stattfindet.«

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