Kündigung ist unwirksam: Sozialauswahl unzureichend

Zur betriebsbedingten Kündigung eines Vaters von zwei Kindern

  • Lesedauer: 2 Min.
Die betriebsbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers ist unwirksam, wenn ein vergleichbarer Mitarbeiter, der bleiben darf, weniger sozial schutzbedürftig ist.

Das entschied das Landesarbeitsgericht Köln (Az. 6 Sa 533/13) und gab mit diesem Urteil der Kündigungsschutzklage eines Familienvaters statt.

Wie die Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline (D-AH) berichtete, hatte eine Firma für Unterhaltungssoftware einem Sales Coordinator betriebsbedingt gekündigt. Gleichzeitig bot der Arbeitgeber ihm eine Stelle als Service Manager mit einer Wochenarbeitszeit von lediglich zehn Stunden und entsprechend niedrigerem Gehalt an.

Der Mitarbeiter nahm das Angebot aber nicht an und wehrte sich mit einer Kündigungsschutzklage gegen die Entlassung. Ihm als zweifachen Familienvater hätte nicht gekündigt werden dürfen, sondern einem ledigen Kollegen. Das hätte in der Sozialauswahl berücksichtigt werden müssen.

Der Arbeitgeber aber erwiderte, die sozialen Umstände der Mitarbeiter berücksichtigt zu haben. Er entgegnete, dass eine vergleichbare Kollegin des Gekündigten zwar ledig, dafür aber auch älter und länger im Betrieb tätig ist. Sie sei daher nicht weniger schutzbedürftig, und somit dürfe die Firma genauso gut dem Familienvater kündigen.

Das Landesarbeitsgericht Köln aber stellte klar, dass zwei unterhaltspflichtige minderjährige Kinder in der Sozialauswahl weitaus schwerer wiegen als drei Jahre längere Betriebszugehörigkeit und ein geringfügiger Altersunterschied. Daher hätte das Unternehmen bei einer betriebsbedingten Kündigung die ledige Kollegin dem Familienvater vorziehen müssen.

»In der Auswahlentscheidung einer betriebsbedingten Kündigung haben Arbeitgeber vier soziale Kriterien zu berücksichtigen. Das ist die Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflicht sowie eine eventuelle Schwerbehinderung«, erklärt Rechtsanwältin Dr. Sonja Tiedtke von der telefonischen Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline (www.deutsche-anwaltshotline.de). Dabei gebe es zwar einen gewissen Wertungsspielraum, so das Gericht. Die Kündigung sei jedoch dann sozial ungerechtfertigt, wenn ein vergleichbarer Arbeitnehmer, der nicht gekündigt wird, deutlich weniger sozial schutzbedürftig ist.

Um diesen Befund rechtlich abzusichern, verwendete das Landesarbeitsgericht ein Bewertungsschema des Bundesarbeitsgerichts. Dieses berücksichtigt die Beschäftigungszeit pro Jahr mit 1,5 Punkten, das Lebensalter mit 1 Punkt - ein unterhaltsberechtigtes Kind aber mit 7 Punkten. Mit diesem Schema erreichte der Kläger deutlich mehr Punkte als seine Kollegin. D-AH/nd

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