Ein Hauch Mittelalter in Kassel

Auf dem evangelikalen Kongress »Sexualethik und Seelsorge« traten auch Referenten auf, deren Thesen zur Homosexualität für Proteste sorgten

  • Lesedauer: 2 Min.
Ein Kongress zum Thema »Sexualethik« in Kassel sorgte für viel Kritik. Vor allem ging es um zwei Referenten, die die »Heilbarkeit« von Homosexualität propagierten.

Kassel. Rund 200 Menschen haben am Freitagabend in Kassel gegen den evangelikalen Kongress »Sexualethik und Seelsorge« demonstriert. Sie wandten sich insbesondere gegen die Teilnahme der beiden Referenten Christl Vonholdt und Markus Hoffmann, die die »Heilbarkeit« von Homosexualität propagierten.

»Wir sind nicht prinzipiell gegen den diakonischen Fachverband Weißes Kreuz, den Veranstalter des Kongresses«, sagte Constanze Schmidt vom Vorstand des »Christopher Street Day Kassel«. »Wir sind vielmehr dagegen, dass Homophobie und Diskriminierung in Kassel eine Plattform finden dürfen.« Aussagen wie »Homosexualität ist eine heilbare Krankheit« sollten in Deutschland verboten werden. Was in Kassel vorgehe, sei »mittelalterlich«. Kai Klose, Chef der hessischen Grünen, bezeichnete die Thesen der beiden Referenten als unwissenschaftlich. Es gehe ihm nicht darum, Vonholdt und Hoffmann »mundtot« zu machen, sondern Kritik an ihren Behauptungen zu üben.

Der Vorsitzende des Weißen Kreuzes, Wilfried Veeser, hatte am Donnerstag zu Beginn des Kongresses betont, dass auch nach Auffassung des Verbandes Homosexualität keine Krankheit sei. Er räumte allerdings ein, dass insbesondere die Thesen Vonholdts umstritten seien. Darüber müsse diskutiert werden. Sollten sich die Referenten diskriminierend gegenüber Homosexuellen äußern, wäre dies ein Grund, sie künftig nicht mehr einzuladen, sagte er. Auf dem Kongress diskutierten bis Samstag rund 200 Seelsorger, Berater und Interessierte über Themen wie »Herausforderungen für Paare und Familien im gesellschaftlichen Wandel«, »Ehe und Trauma« oder »Vom Sinn der Ethik in der Seelsorge«. Homosexualität sei kein explizites Thema der Tagung, sagte Veeser.

Noch vor Beginn des Kongresses hatte sich auch Hessens Landtag gegen die Teilnahme von Vonholdt und Hoffmann gewandt. Es sei fast unerträglich, dass in Kassel Schwule und Lesben »umgepolt« werden sollten, sagte der für Integration und Antidiskriminierung zuständige Staatssekretär Jo Dreiseitel von den Grünen. Auf Distanz zu den Thesen Vonholdts und Hoffmanns gingen auch die Diakonie Hessen, Schwulen- und Lesbenverbände, zahlreiche Jugendverbände und die Stadtverordnetenversammlung in Kassel.

Vonholdt und Hoffmann wiesen die Vorwürfe zurück. Hoffmann verwahrte sich in einer Stellungnahme gegen die Bezeichnung »Konversionstherapie«. Man werde niemals versuchen, die sexuelle Anziehung auf direktem Wege zu beeinflussen. Allerdings gebe es Menschen, die aus einer Not heraus einen anderen Umgang mit ihrer sexuellen Orientierung wünschten. Bei Klienten, die dies wünschten, sei mit Hilfe geeigneter Therapien eine »Abnahme homosexueller Empfindungen möglich«, sagte Vonholdt. Der Vorwurf, solche Therapien seien »gefährlich«, sei absurd, sagte sie. epd/nd

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