Dicke Luft und härtere Konkurrenz im Reich der Mitte

Unternehmen im Bereich Umweltschutz gelten als aussichtsreich auf dem chinesischen Markt

  • Detlef D. Pries
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Geschäftsbedingungen für Investoren in China sind härter geworden, dennoch geben sich deutsche Unternehmen zuversichtlich.

Das Parteiorgan »Renmin Ribao« (Volkszeitung) verkündete den Bewohnern der chinesischen Hauptstadt diese Woche eine nicht gerade frohe Botschaft. »Noch 16 Jahre dicke Luft in Peking«, titelte die deutschsprachige Online-Ausgabe. Erst im Jahre 2030 könnte die Feinstaubbelastung nach Angaben des Pekinger Instituts für Umweltschutz wieder unter den Grenzwert sinken, der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als schädlich für den Menschen eingeschätzt wird. 2013 war die Luft in der Hauptstadt noch zweieinhalbmal so »dick« wie von der WHO als gefahrlos erachtet. Immer mehr Pekinger tragen immer öfter Atemschutzmasken, wenn sie sich ins Freie begeben. Vertreter ausländischer Firmen und Stiftungen klagen über häufiges Kratzen im Hals, selbst Angehörige der einheimischen »Elite« zählen die Umweltverschmutzung zu den Gründen, die sie über Auswanderung nachdenken lassen.

Dabei geht die Pekinger Stadtregierung inzwischen mit harten Strafen gegen Umweltverschmutzer vor, berichtet die »Volkszeitung« und nennt Kohlekraftwerke und Zementfabriken als Sünder. Chinas neues Umweltschutzgesetz sehe zum Teil sogar existenzbedrohende Sanktionen gegen notorische Sünderunternehmen vor, weiß man auch am Berliner Mercator-Institut für chinesische Studien (MERICS). Allerdings haben es die insgesamt 134 lokalen Umweltgerichte häufig schwer, sich gegen große Staatsunternehmen durchzusetzen. Ein gerade erst gegründetes zentrales Tribunal für Umwelt und Ressourcen soll nun »Führung und Koordination« übernehmen.

Nicht von ungefähr sieht man deshalb bei MERICS gerade für deutsche Unternehmen im Bereich Umweltschutz gute Chancen auf dem chinesischen Markt, auf dem die Geschäftsbedingungen im Übrigen härter werden. Nicht nur, dass sich das Wachstumstempo der chinesischen Wirtschaft verlangsamt hat: Die Personalkosten sind gestiegen, die Personalgewinnung wird schwieriger, die einheimische Konkurrenz stärker, immer noch klagen ausländische Unternehmen über Diskriminierung. Und - auch darauf weist MERICS-Direktor Prof. Dr. Sebastian Heilmann hin - der Kampf der chinesischen Führung gegen die Korruption, dem mittlerweile auch höchste Funktionäre zum Opfer gefallen sind, habe zu spürbaren Absatzrückgängen beispielsweise für Produkte französischer Edelmarken geführt. Fast die Hälfte der in China engagierten europäischen Firmen prüft jedenfalls für Investitionen inzwischen Alternativen zu China.

Einen Grund dafür, dass deutsche Unternehmen deutlich zuversichtlicher sind, sieht Heilmann in der einzigartigen Institutionalisierung der deutsch-chinesischen Beziehungen. Neben den regelmäßigen Regierungskonsultationen, dem zivilgesellschaftlichen Dialogforum und dem Rechtsstaatsdialog wird während Merkels Besuchs in Peking eine weitere derartige »Institution« gegründet: der Deutsch-Chinesische Beratende Wirtschaftsausschuss. Unter dem Vorsitz von Hubert Lienhard, Vorstandschef des Maschinenbaukonzerns Voith GmbH, und Jiang Jianqing, Vorstandschef von ICBC, der größten Bank der Welt, soll der Ausschuss beiden Regierungen Empfehlungen für den Ausbau der Beziehungen unterbreiten. Durch dieses Gremium bekämen auch chinesische Unternehmen eine Stimme, hebt Heilmann hervor. Der Institutsdirektor sieht in solchen ständigen Einrichtungen eine gewisse Gewähr dafür, dass die deutsch-chinesischen Beziehungen auch »Schlechtwetterperioden« überstehen, wie sie etwa durch die sichtbar zunehmenden Reibungen zwischen Peking und Washington oder durch mögliche innere Konflikte und »Verhärtungen« im Reich der Mitte selbst hervorgerufen werden könnten.

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