Der Nordosten hofft auf die Romantiker

Imagekampagne mit Caspar David Friedrich brachte bisher keine neuen Kulturtouristenströme - dennoch wird sie als Erfolg verbucht

  • Martina Rathke, Greifswald
  • Lesedauer: 4 Min.
Vor einem Jahr starteten Museen, Tourismusverband und Landesmarketing in Mecklenburg-Vorpommern das »Jahr der Romantik«. Doch bislang kamen nur wenige Touristen allein deswegen.

Vor 240 Jahren wurde in Greifswald im Schatten des übermächtigen Kirchturmes von St. Nikolai Caspar David Friedrich als Sohn eines Seifensieders geboren. Von Greifswald führte es den jungen Mann zunächst nach Kopenhagen und später nach Dresden. Friedrich - von Zeitgenossen noch unterschätzt - gilt seit Beginn des 20. Jahrhunderts als bedeutendster Maler der deutschen Romantik. Die alte Hansestadt Greifswald feiert den Geburtstag ihres wohl berühmtesten Sohnes im Rahmen einer am Samstag beginnenden Festwoche mit Lesung, Konzert und Ausstellung.

Die Veranstaltungsreihe ist zugleich eine Zäsur. Denn mit ihr endet am 5. September, dem eigentlichen Geburtstag Friedrichs, das »Jahr der Romantik« - eine landesweit angelegte Image- und Werbekampagne für die Romantik im Nordosten. Nicht nur Friedrich (1774-1840), sondern auch Künstlerkollegen wie Philipp Otto Runge (1777-1810) und Georg Friedrich Kersting (1785-1848) stammen aus Orten im heutigen Mecklenburg-Vorpommern, nämlich Wolgast und Güstrow.

Landesmarketing, Landestourismusverband, Museen und kleinere Initiativen wollten mit der Kampagne die Geburts- und Malorte stärker in den Blick der Öffentlichkeit lenken. Mehr als 40 Partner schlossen sich dazu in der Initiative »natürlich romantisch« zusammen. Rechtzeitig zum Beginn des Romantikjahres legten der Fotograf Thomas Grundner und die Greifswalder Kunsthistorikerin Birte Frenssen einen Bildband vor, der die Sehnsuchtsorte der Romantik im Norden zeigte. Im Internet wurde die Plattform »natürlich romantisch« freigeschaltet.

Aus Sicht der Initiatoren ist das ambitionierte Ziel, die Romantik stärker ins öffentliche Bewusstsein zu tragen, erreicht worden - auch wenn die großen Kulturtouristen-Ströme bislang ausblieben. Das Nationalparkzentrum auf Rügen bot Veranstaltungen und Führungen zu den Malorten Friedrichs an. Die unter dem Motto »Ins Blaue« stehende 24. Landeskunstschau orientierte und arbeitete sich an dem Erbe der Kunstepoche des frühen 19. Jahrhunderts ab. Das Staatliche Museum in Schwerin und das Ernst-Moritz-Arndt-Museum in Garz auf Rügen beteiligten sich mit Ausstellungen. Das Umweltfotofestival »Horizonte« bewegte sich auf den Spuren der Romantiker.

Das »Jahr der Romantik« hat aus Sicht des Landestourismusverbandes dazu beigetragen, Mecklenburg-Vorpommern stärker »als Kulturlandschaft aufzuladen«, sagt Verbandssprecher Tobias Woitendorf. Über das Jahr seien zum Thema »Romantik im Nordosten« mehr als 100 Artikel mit einer Gesamtauflage von 140 bis 150 Millionen erschienen - bis in die Schweiz und nach Österreich. Mecklenburg-Vorpommern sei dabei nicht nur als Geburtsort der Romantiker Friedrich, Runge und Kersting ins Bewusstsein gerückt, sondern mit den Kreidefelsen, Klosterruinen und Eichenbäumen auch als Motivort.

Einen Grund zum Ausruhen sieht der Tourismusverband allerdings nicht, zumal es bislang nur wenige Reisende gab, die die eigens für das »Jahr der Romantik« angebotenen Reisen gebucht hätten. Aus touristischer Sicht hat das Thema Romantik noch Ausbaupotenzial, sagt Woitendorf. Denn knapp ein Viertel aller MV-Urlauber sehen laut einer Umfrage in der Kultur einen Grund, sich für Mecklenburg-Vorpommern als Urlaubsland zu entscheiden. 80 Prozent der Urlauber genießen während ihres Aufenthaltes nicht nur die Natur, sondern nutzen auch kulturelle Angebote, gehen ins Museum oder in Ausstellungen. Neben der Bäderarchitektur und der Backsteingotik soll die Romantik eine tragende Säule des Kulturtourismus im Lande werden.

Im Greifswalder Pommerschen Landesmuseum - mit seinen sieben Friedrich-Gemälden quasi das Herz der Romantik in Mecklenburg-Vorpommern - hat man nach Friedrich-Freunden aus der Schweiz und den Niederlanden in diesem Jahr erstmals eine Reisegruppe britischer Romantikliebhaber begrüßen können. Ein Erfolg, wenn auch bescheiden, den die stellvertretende Museumschefin Birte Frenssen auch auf die Außenwirkung des »Jahres der Romantik« zurückführt. »Es ist ein guter Anfang«, sagt Frenssen.

Den Gewinn sehen die Initiatoren des Romantik-Jahres aber vor allem in der Binnenwirkung. Über die Initiative sei im vergangenen Jahr ein landesweites und stabiles Netzwerk von Akteuren entstanden. Ideen für eine gemeinsame Vermarktung des Romantik-Erbes wurden entwickelt. Gemeinsam brütet man an Plänen für die Jahre 2018 und 2024.

Im Jahr 1818, also vor bald 200 Jahren, schuf Friedrich mit den »Kreidefelsen auf Rügen« eines seiner bekanntesten Werke. Im Jahr 2024 wird Friedrichs 250. Geburtstag begangen - ein dann wirklich rundes Jubiläum, das eine Ausstellung verdient. dpa/nd

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