Dünkel im Führerstand
Uwe Kalbe über eine Entgleisung des Lokführerobergewerkschafters
Über die Rechte von Spartengewerkschaften wird wieder einmal viel geredet in diesen Tagen, weil Spartengewerkschaften gerade in diesen Tagen zeigen, dass ihre fehlende Größe nicht gleichbedeutend ist mit fehlender Wirkungsmacht. Wenn die Piloten es wollen, zittert man vor ihnen gerade so wie vor dem isländischen Vulkan Bardarbunga. Und alle Räder stehen still, wenn es Claus Weselsky will.
GDL-Chef Claus Weselsky ist allerdings auch ein Beispiel dafür, dass die fehlende Größe von Spartengewerkschaften eine gewisse Ruppigkeit hervorbringen kann, wenn man sich als ihr Sprecher Gehör verschaffen will. Und dass der Blick aus einem Lokführerstand keine Garantie für einen weiten Horizont ist. Als Weselsky die Konkurrenzgewerkschaft EVG und den Bahn-Konzern nun als zwei Kranke bezeichnete, bei deren Paarung nichts anderes als etwas Behindertes rauskommen könne, erlitt er offenbar nicht nur eine emotionale Entgleisung, sondern auch eine ethische. Eine bedrohlich am Rande der Theorien minderwertigen Lebens balancierende Äußerung, die einigermaßen sprachlos macht - Entschuldigung hin oder her. Und es wirft die Frage auf, ob das elitäre Selbstverständnis, das man den Lokführern zuweilen gern vorwirft, nicht wirklich etwas ist, das in einer Einheitsgewerkschaft besser eingehegt wäre.
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