Entsorgungsamt am Start

Ex-Präsident des Umweltbundesamtes kritisiert unnötige Doppelorganisation

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit Montag gibt es eine neue Stelle, die das Umweltministerium bei der Suche nach einem Atommüllendlager unterstützen soll. Bisher gibt es nichts für sie zu tun.

Die vermeintlich neu gestartete Suche nach einem Endlager für hoch radioaktiven Atommüll ist um eine Kuriosität reicher: Am Montag nahm das neue Bundesamt für kerntechnische Entsorgung (BfE) seine Arbeit auf. Doch es bleibt nebulös, was die Behörde eigentlich machen soll.

Der Aufbau des BfE war in dem 2013 beschlossenen Standortauswahlgesetz festgeschrieben worden. Zentrale Aufgabe ist demnach die Regulierung des Suchverfahrens »durch die Festlegung von Erkundungsprogrammen und standortbezogenen Prüfkriterien« sowie durch die »Erarbeitung von Vorschlägen für die Standortentscheidungen«.

Weil die wolkige Formulierung im Gesetz weithin auf Kritik stieß, versuchte es die Regierung zunächst mit einer etwas verständlicheren Beschreibung: Das BfE solle das Bundesumweltministerium »fachlich und wissenschaftlich in allen Fragen zur Sicherung und bei Endlagerung von hoch radioaktiven Abfällen unterstützen«. Am Freitag schob das Ministerium eine Erklärung nach: Zu den Verwaltungsaufgaben der Behörde gehöre zunächst, »die Refinanzierung des Standortauswahlverfahrens einschließlich der Kosten für die gesetzliche Offenhaltung des Bergwerks Gorleben zu gewährleisten«.

Im Klartext: Die zunächst 20 BfE-Mitarbeiter sind angewiesen, bei den AKW-Betreibern als Verursachern des Atommülls Geld einzutreiben. Wie viel, das steht aber noch gar nicht fest. Denn weder die Kosten für das Endlagersuchverfahren noch für die kürzlich beschlossene Offenhaltung des Salzstocks Gorleben können bisher ansatzweise beziffert werden. Die Stromkonzerne haben allerdings klar gemacht, dass sie über die bisherigen 1,6 Milliarden Euro für die Salzstockerkundung in Gorleben hinaus keine weiteren Standortprüfungen finanzieren wollen.

Der langjährige Präsident des Umweltbundesamtes, Andreas Troge, hält das ganze Konstrukt BfE für Unfug und eine unnötige Doppelorganisation zum Bundesamt für Strahlenschutz. Weil Auswahlkriterien für ein Endlager erst Ende 2015 vorliegen sollen, habe die Behörde in diesem und im nächsten Jahr nicht wirklich etwas zu tun. »Sie könnte sich warmlaufen, was aber recht teuer wäre«, sinniert Troge. Oder die Aufsicht für die unterirdischen Lager Schacht Konrad, Morsleben und Asse übernehmen, für die bisher das BfS zuständig ist. Diese Option erwäge die Regierung aber noch nicht einmal, stattdessen plane sie »ein intransparentes organisatorisches Geflecht«.

Umweltschützer aus Gorleben bemängeln vor allem, dass das BfE bereits jetzt an den Start geht. So verweist die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg darauf, dass das Amt parallel zur Endlagerkommission arbeiten soll. Dieses Gremium hat Ende Juni erstmals getagt und soll bis Ende 2015 Grundlagen für die spätere Suche nach einem Atommüllendlager erarbeiten.

»Dass die Einrichtung der neuen Behörde nicht bis zum Abschluss der Kommissionsarbeit zurück gestellt wird, leuchtet nicht ein«, sagt BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) habe sich hier »beratungsresistent« gezeigt. Am Donnerstag besucht die Politikerin erstmals in ihrer Amtszeit das Wendland. Dabei will sie sich auch der Kritik der Atomkraftgegner bei einer öffentlichen Veranstaltung stellen.

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