Viele Hunde, wenige Menschen

Thüringer Polizisten schossen in drei Jahren fast 600 Mal scharf

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Tragen von Schusswaffen gehört für viele Polizisten zum Alltag. Und tatsächlich werden sie von den Beamten im Freistaat auch häufiger eingesetzt als mancher glaubt, vor allem gegen Tiere.

Thüringer Polizisten haben zwischen 2011 und 2013 insgesamt 585 Mal im Rahmen ihres Dienstes von der Schusswaffe Gebrauch gemacht. Dabei hat die Zahl der Einsätze von Pistolen und anderen Waffen jedes Jahr zugenommen. Das geht aus der Antwort des Thüringer Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Katharina König (LINKE) hervorgeht. Für die genannten fast 600 Fälle wurden nur solche Einsätze gezählt, bei denen die Beamten im Dienst »auf der Straße« zur Waffe griffen. Übungsszenarien und Schießtrainings sind nicht aufgeführt. Eine Unterscheidung zwischen Schussabgaben durch »einfache« Landespolizisten und Spezialkräfte der Thüringer Polizei konnte das Ministerium nicht machen. Den Angaben des Innenministeriums nach gingen in diesen drei Jahren anders als in früheren Jahren keine Waffen bei der Thüringer Polizei verloren. Ob in diesem Zeitraum Munition abhanden gekommen ist, konnte das Ministerium nicht sagen.

Aus der Antwort geht hervor, dass Thüringer Polizisten im Jahr 2011 154, im drauffolgenden Jahr 205 und 2013 dann 226 mal scharf schossen. Über alle drei Jahre hinweg sei dabei 582 auf Tiere gefeuert worden. Immer wieder erschießen zum Beispiel Beamte des Spezialeinsatzkommandos bei Zugriffen auf mutmaßliche Kriminelle Hunde, wenn deren Besitzer sie nicht rechtzeitig von den Polizisten wegrufen. Im Zusammenhang mit Menschen hätten Beamte drei Mal zwischen 2011 und 2013 Warnschüsse abgefeuert, heißt es in dem Schreiben weiter, das von Innenstaatssekretär Bernhard Rieder unterschrieben ist. Durch Polizeikugeln sei in Thüringen deshalb in diesem Zeitraum niemand verletzt oder getötet worden. Während es den Angaben nach zwischen 2011 und 2013 keinen einzigen Fall gab, bei dem Beamte mit Dienstwaffen außerhalb ihren Dienstzeit schossen, sollten doch nicht alle im Dienst abgefeuerten Waffen wirklich abgefeuert werden. So heißt es in der Antwort, zwar führe das Innenministerium keine Statistik darüber, wie viele Schüsse im Polizeidienst sich unbeabsichtigt lösen. Doch seien der Landesregierung für das Jahr 2012 vier und für das Folgejahr acht Fälle bekannt, in denen es zu unbeabsichtigten Schussabgaben gekommen sei.

Verloren gegangen seien Dienstwaffen bei der Polizei im Freistaat in den vergangenen Jahren nicht, schreibt Bernhard Rieder. Die letzten öffentlich bekannten Fälle, in denen Polizeiwaffen abhanden kamen, stammen damit aus dem Jahr 1999. Damals waren zwei Maschinenpistolen vom Typ MP5 sowie eine Pistole vom Typ P10 verschwunden. Die Maschinenpistolen waren nach Angaben des Innenministeriums damals aus dem Räumlichkeiten einer Firma gestohlen worden, die diese mit Lasertechnik für Schießübungen hätte ausrüsten sollen. Die Pistole war auf einem Flug von Zürich nach Tirana verloren gegangen. Ein Beamter war damals im Rahmen einer internationalen Polizeimission unterwegs und hatte die Waffe beim Einchecken an das Sicherheitspersonal des Flughafens Zürich übergeben. In Tirana war die Waffe dann aber nicht mehr aufzufinden gewesen.

Ob und wenn ja wie viel Munition zwischen 2011 und 2013 bei der Polizei im Freistaat verschwand, konnte das Innenministerium der Abgeordneten Katharina König nicht mitteilen: »Ein Erhebung zu in Verlust geratener Munition wird nicht geführt.«

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