Laubsauger und Staubschleudern

Benzinbetriebene Laubentsorgungsgeräte säubern Grünflächen, machen aber auch Ärger

  • Klaus Tscharnke und Andrea Knödlseder
  • Lesedauer: 4 Min.
Laubsauger und Laubbläser sollen die Herbstblätter entsorgen. Doch häufen sich nicht nur Bürgerbeschwerden wegen des Lärms - die röhrenden Apparate tragen auch zur Staubbelastung bei.

München. Lärmgeplagten Städtern sind sie schon lange ein Stachel im Ohr. Und auch Naturschützer ziehen seit Jahren gegen röhrende Laubsauger und Laubbläser in Grünanlagen zu Felde. Im Kampf gegen die herbstlichen Blättermassen will dennoch kaum eine Stadt auf die tragbaren Turboturbinen verzichten, die Blätter mit bis 250 Stundenkilometern zu Haufen blasen. Zu hoch wären die Kosten, wenn die Städte ihre Reinigungstrupps im Herbst wieder zu Harken und Rechen greifen ließen, wirbt man in den Rathäusern um Verständnis.

In einem Punkt sind aber zumindest bayerische Kommunen inzwischen zu Zugeständnissen bereit: Statt der mehr als 100 Dezibel lauten benzingetriebenen Laubbläser statten die Großstädte im Freistaat ihre Reinigertrupps immer häufiger mit elektrobetriebenen Akku-Laubbläsern aus, ergab eine Umfrage der dpa. Auf Laubsauger verzichten die meisten Kommunen zum Schutz von Kleinstlebewesen in den Parkanlagen inzwischen sogar komplett.

Allein Nürnberg hat in diesem Herbst bereits 20 Elektro-Laubbläser im Einsatz. »Die sind nicht lauter als ein Fön«, versichert die Sprecherin des für die öffentlichen Parkanlagen zuständigen »Service Öffentlicher Raum« (SÖR), Ulrike Goecken-Haidl. Der städtische Betrieb habe damit auch auf Bürgerbeschwerden reagiert. Zudem hat das Umweltamt die Stadttochter in die Pflicht genommen und sie zur Lärmminderung bei Arbeiten in Parks angehalten.

Dass trotzdem noch immer rund 150 knatternde Motorbläser in Nürnberg jeden Herbst zum Einsatz kommen, hat nach Angaben der SÖR-Sprecherin vor allem finanzielle Gründe: »Ein Bläser mit Benzinmotor kostet in der Anschaffung 800 Euro, ein Akku-Laubbläser dagegen 2700«.

Einen gewissen Trend zum leiseren Elektro-Laubbläser soll es auch in München, Würzburg und Augsburg geben. Dabei macht die Leiterin des Augsburger Amts für Grünordnung, Annette Vedder, aber auch klar, dass die Akku-Geräte nicht nur Vorteile haben. Sie seien nicht so langlebig wie Motorgeräte, ihre Einsatzzeit sei auf drei Stunden begrenzt und daher für große Flächen ungeeignet. Dass es ohne Laubbläser nicht mehr gehe, davon ist aber auch Vedder überzeugt. Große Rasenareale per Harke vom Herbstlaub zu befreien, könne sich heute keine Kommune mehr leisten. Außerdem sei der Einsatz Bläser schonender als die Arbeit mit groben Harken, ist sie überzeugt.

Das scheinen nicht alle Kommunen so zu sehen. Denn auch wenn sie selbst aus Kostengründen auf Laubbläser setzen: Privatleuten rät etwa die Stadt München im Kampf gegen das Herbstlaub von den dröhnenden Geräten ausdrücklich ab - und empfiehlt stattdessen Harken und Besen. Denn bei Laubbläsern gibt es ein großes Dilemma: Sie können nur bei trockenem Wetter eingesetzt werden. »Dabei wird dann aber viel Staub aufgewirbelt«, gibt das Referat für Umwelt und Gesundheit in der Landeshauptstadt zu bedenken. Untersuchungen hätten gezeigt, dass die Blasgeräte mit dem Laub auch Blütenpollen und Mikroorganismen hoch wirbelten und so den Luftkeimgehalt erhöhten.

Der Kampf gegen die Feinstaubbelastung hat inzwischen das österreichische Bundesland Steiermark zu drastischen Schritten veranlasst: In den Städten Graz und Leibnitz, die eine enorme Feinstaubelastung verzeichnen, ist seit Oktober des Jahres der Einsatz von Laubbläsern generell verboten - testweise erst einmal für ein Jahr. Denn Untersuchungen der Uni Graz hatten ergeben, dass bei der Arbeit mit Harken und Besen 65 Prozent weniger Feinstaubemissionen anfallen als mit Laubbläsern, berichtet der Sprecher des Ressorts für Verkehr und Umwelt bei der Landesregierung Steiermark, Stefan Hermann.

Die Reaktion der Bevölkerung auf das Verbot sei »durchweg positiv - vor allem wegen des verringerten Lärms in den Straßen und Parks von Graz und Leibnitz«, berichtet der Sprecher. Nicht ganz so glücklich ist aus finanziellen Gründen hingegen die Stadtverwaltung von Graz, räumt Hermann ein. Nach einer Rechnung derselben ersetzt ein Laubbläser etwa vier fegende Arbeiter. Personelle Umschichtungen sollen nun den Mehraufwand abfedern.

In der mit 500 000 Einwohnern doppelt so großen fränkischen Metropole Nürnberg hält man den Verzicht auf Laubbläser angesichts des Spardrucks für geradezu undenkbar. »Ohne Laubbläser hätten wir bei der Laubbeseitigung jährlich 1,5 Millionen Euro Mehrkosten«, sagt SÖR-Sprecherin Goeken-Haidl. dpa/nd

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