Am Ende doch »konstruktiv«

Der mit zahlreichen Themen belastete G20-Gipfel in Australien endete fast versöhnlich

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 3 Min.
Der G20-Gipfel in Brisbane lief nicht ganz, wie die Gastgeber es sich vorgestellt hatten. Statt wirtschaftlicher Themen dominierte die Ukrainekrise das Treffen der 20 führenden Industrieländer.

Ungeachtet aller Kuschelfotos mit Koalas im Arm und Angela Merkels Plaudereien mit Kneipengängern in Brisbane, es gelang den Protagonisten nicht, darüber hinwegzutäuschen, dass die Stimmung beim G20-Gipfel angespannt war.

Der australische Premierminister Tony Abbott hatte im Vorfeld von Russlands Präsident Wladimir Putin eine Entschuldigung wegen der MH17-Tragödie über der Ukraine gefordert, US-Präsident Barack Obama hatte in seiner Rede am Samstag die »russische Aggression« in der Ukraine als eine »Bedrohung für die Welt« bezeichnet. Putin schien deshalb zunächst zu mauern. Er hatte die Gastgeber mit Kriegsschiffen in den internationalen Gewässern vor Australien geärgert. Zwischenzeitlich herrschte das Gerücht, er werde den G20-Gipfel vorzeitig verlassen.

Etwas früher reiste er dann tatsächlich ab, das habe jedoch damit zu tun, dass er seinen Schlaf brauche, ließ der russische Präsident verlauten. Er müsse am Montag wieder arbeiten. Am Abend zuvor hatten Putin und Bundeskanzlerin Merkel bis spät in die Nacht in seinem Hotel in Brisbane verhandelt, nach einigen Stunden war noch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker dazugestoßen. Die Gespräche seien vertraulich gewesen, sagte Merkel in einer Pressekonferenz in Sydney am Sonntagabend, aber es sei wichtig, jede Gesprächsmöglichkeit zu nutzen.

Ob die Begegnungen am Ende doch Fortschritte brachten oder ob die australischen Koalas, die Tony Abbott zwischen den Gesprächen für Fototermine herumreichte, die Stimmung entspannten - auf alle Fälle nannte Putin den Gipfel in seiner Pressekonferenz am Ende »konstruktiv« und »produktiv«. Man verstehe sich jetzt besser, sagte er, und eine Lösung für den Konflikt in der Ukraine sei möglich. Die Nase voll hatte er jedoch von den australischen Medien, die eine gewisse »Hysterie« betrieben hätten. Sie ließ er von seiner Pressekonferenz aussperren.

Neben der Ukraine drängte ein weiteres vom Gastgeber unerwünschtes Thema auf die Agenda: der Klimawandel. Fast schien es, als würde das Klima den Gastgeber wegen seiner Ignoranz bestrafen wollen - das Thermometer kletterte in Brisbane am Sonntag auf fast 40 Grad. Obama hatte bereits am Vortag während einer Rede am Rande des Gipfels betont, dass vor allem Australien und die Pazifikregion vom Klimawandel betroffen seien. Er sprach über extreme Wetterlagen, Hitzewellen, Feuer und den Schutz des Great Barrier Reefs, der ihm am Herzen liege: »Ich möchte mit meinen Töchtern zurückkommen, und ich möchte, dass sie mit ihren Töchtern und Söhnen zurückkommen können.«

Obama sagte dem Klimafonds der Vereinten Nationen, der Entwicklungsländer beim Klimaschutz unterstützt, drei Milliarden Dollar zu. Abbott aber weigerte sich trotz des internationalen Drucks eine finanzielle Zusage für den Fonds abzugeben und betonte in seiner Pressekonferenz mit Merkel die Bedeutung der Kohle, die seinem Land in den vergangenen Jahren gute Erträge gebracht hat.

Obwohl die Politik die Wirtschaftsbeschlüsse des Gipfels zeitweise in den Hintergrund rückte, kam es doch noch zu einer Einigung. So soll die Weltwirtschaft um 2,1 Prozent in den kommenden fünf Jahren anwachsen. Mehr Arbeitsplätze sollen vor allem für Frauen geschaffen werden, das Kommuniqué spricht von über 100 Millionen Arbeitsplätzen weltweit. Auch die Jugendarbeitslosigkeit soll reduziert werden.

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