Grüne und LINKE sagen Ja zu Rot-Rot-Grün in Thüringen

Lieberknecht verzichtet, CDU tritt im ersten Wahlgang nicht gegen Ramelow an / Neues Gutachten zur MP-Wahl vorgelegt

  • Lesedauer: 7 Min.

Update 23.50 Uhr: Die Thüringer CDU wird bei der Ministerpräsidentenwahl im ersten Wahlgang keinen Gegenkandidaten zum Linken Bodo Ramelow aufstellen. Eine entsprechende Empfehlung solle der Fraktion gegeben werden, teilte die CDU am späten Dienstagabend nach einer Präsidiumssitzung in Erfurt mit. Rot-Rot-Grün solle bei der Wahl beweisen, dass diese Koalition über eine eigene Mehrheit verfüge, hieß es zur Begründung. Linke, SPD und Grüne haben im Landtag zusammen 46 Stimmen, CDU und AfD 45.

Update 17.45 Uhr: Der juristische Streit um den dritten Wahlgang bei der Ministerpräsidentenwahl am Freitag in Thüringen geht weiter. Ein am Dienstag vorgelegtes Gutachten im Auftrag von Landtagspräsident Christian Carius (CDU) widerspricht der Stellungnahme eines Verfassungsrechtlers im Auftrag des Thüringer Justizministeriums. Danach reicht dem Linken Bodo Ramelow bei der Ministerpräsidentenwahl im dritten Wahlgang ohne Gegenkandidat nicht wie bisher angenommen eine einzige Ja-Stimme. Nach dem neuen Gutachten müsste Ramelow im dritten Durchgang mehr Ja- als Nein-Stimmen bekommen, um erster Ministerpräsident der Linken in Deutschland zu werden. Zu diesem Ergebnis kommt Wolfgang Zeh, ehemaliger Direktor beim Bundestag, wie die Landtagsverwaltung mitteilte. Carius will nun den Landtag vor einem möglichen dritten Wahlgang über die Auslegung der Thüringer Verfassung entscheiden lassen.

Update 17.10 Uhr: Inzwischen liegt das Ergebnis der Grünen mit den konkreten Zahlen vor. Von den insgesamt 464 gültigen Wahlbriefen entschieden sich 391 Mitglieder für eine rot-rot-grüne Koalition, 61 votierten dagegen, 12 enthielten sich, was einer Zustimmung von 84,3 Prozent entspricht. »Wir sehen nun mit großer Zuversicht der Wahl des Ministerpräsidenten am Freitag, den 5. Dezember um 10:30 Uhr entgegen und freuen uns auf die Aufgaben, die vor uns liegen«, heißt es in einer kurzen Erklärung der Grünen auf ihrer Website. »Für uns Grüne ist das ein sehr starkes Ergebnis«, sagte Landessprecherin Stephanie Erben. Das Resultat sei deutlich besser ausgefallen als erwartet. Mit dazu beigetragen hat Erbens Einschätzung nach auch die Bezeichnung der DDR als »Unrechtsstaat« in der Präambel des Vertrags.

Update 16.36 Uhr: Auch die Basis der Grünen hat sich mit einer deutlichen Mehrheit von 84,3 Prozent für eine ro-rot-grüne Koalition ausgesprochen.

Update 15.40 Uhr: Die AfD hat ihr Angebot bekräftigt, unter bestimmten Bedingungen einen Kandidaten der CDU bei der Wahl zum Ministerprädienten zu unterstützen. Die AfD-Fraktion sei bereit, »einen fachlich und charakterlich geeigneten Kandidaten der stärksten Parlamentsfraktion zu unterstützen«, heißt es in einer Erklärung am Dienstag. Im Fall eines Scheiterns von Rot-Rot-Grün, wäre eine bürgerliche Regierung »ohne Zusammenarbeit mit der AfD nicht möglich.« Im Gegenzug müsste die CDU allerdings einige Bedingungen erfüllen. Die AfD erwartet, ein Kandidat müsse sich bei der Fraktion vorstellen und wesentliche Ziele des Landtagswahlprogramms der Rechtspopulisten teilen.

Update 15.15 Uhr: Linksfraktionschef Gregor Gysi hat den Ausgang der Urabstimmung der Thüringer Linken als »tolles Ergebnis« bezeichnet, dass die Landtagsfraktion und Bodo Ramelow »in eine hohe Verantwortung« hebe. »Nach der nahezu einmütigen Zustimmung durch den Parteitag der SPD und die Basis meiner Partei gehe ich auch von einer deutlichen Zustimmung seitens der Grünen-Mitglieder aus«, so Gysi weiter. Es zeige sich nunmehr auch, »dass die Union mit ihrer Kampagne gegen uns das Gegenteil erreicht. Das neue Koalitionsbündnis wird eher zusammengeschweißt«, so der Linkenpolitiker. Die Bürger von Thüringen wollten »einen politischen Neuanfang«.

Update 14.35 Uhr: LINKEN-Landesvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow hat den Verzicht von CDU-Landeschefin Christine Lieberknecht auf eine Ministerpräsidenten-Kandidatur begrüßt. Hennig-Wellsow sagte dem in Berlin erscheinenden »Tagesspiegel«: »Lieberknecht erkennt r2g als unumstößlich an. Die CDU wird mit ihrem Abgang endgültig in erbitterte Auseinandersetzungen um die interne Macht verfallen. Die Opposition ist damit völlig politikunfähig. Ramelows Wahl ist sicher.«

Update 14.30 Uhr: Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, sagte in einer ersten Reaktion auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, das Ergebnis der Basisabstimmung sei »ein starkes Kompliment für Bodo Ramelow und Susanne Hennig-Wellsow. Wir sind die Politikwechselpartei!«

Der Sprecher des linksreformerischen Forums demokratischer Sozialismus in der Linkspartei, Dominic Heilig, sagte, »eine weitere Hürde ist - deutlich - genommen worden«. Er sprach seinen Glückwunsch an die Linke in Thüringen aus. »Nun sollte die Gesamtpartei endlich die bevorstehenden Aufgaben an- und ernst nehmen und für einen Politikwechsel über Thüringen (hinaus) arbeiten«, so Heilig.

Update 14.09 Uhr: Mit einer deutlichen Mehrheit von 94 Prozent hat sich die LINKE in Thüringen in einer Urstimmung für eine rot-rot-grüne Koalition unter einem Ministerpräsidenten Bodo Ramelow ausgesprochen. Die Wahlbeteiligung lag bei 78,8 Prozent, wie die Landesvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow soeben mitteilte. »Es zeigt sich, das der Koalitionsvertrag von den Mitgliedern der Partei getragen wird weil viele Inhalte aus unserem Wahlprogramm umgesetzt wurde. Mit dem positiven Mitgliedervotum haben wir einen weiteren Meilenstein zum Politikwechsel hin zu mehr Demokratie, sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit in Thüringen bewältigt«, erklärte Hennig-Wellsow.

5.030 Mitglieder der Linkspartei waren stimmberechtigt. 3.964 Mitglieder haben sich an der Mitgliederbefragung beteiligt, das sind 78,8%. Für den Koalitionsvertrag stimmten 3.704 Mitglieder, das entspricht 94,0%. 165 Mitglieder stimmten mit Nein, das entspricht 4,2 % und 71 Mitglieder enthielten sich der Stimme, das entspricht 1,8%.99,4 Prozent der abgegebenen Stimmen waren gültig.

Update 13.30 Uhr: Thüringens Regierungschefin Christine Lieberknecht (CDU) will bei der Wahl des Ministerpräsidenten nicht gegen Linken-Politiker Bodo Ramelow antreten. »Ich gehe am Freitag nicht in die Arena des Löwen«, sagte sie am Dienstag in Erfurt mit Blick auf die Wahl des Ministerpräsidenten am 5. Dezember im Landtag. Lieberknecht betonte, sie wolle weiterhin Abgeordnete bleiben, ließ aber offen, ob sie auch den Parteivorsitz in Thüringen behalten wolle. In einer ersten Reaktion auf Lieberknechts Entschluss sagte die Grünen-Politikerin Astrid Rothe-Beinlich: »Uns soll es recht sein.«

Update 8.45 Uhr: Thüringens Linke hat mit der Auszählung der Urabstimmung über den Koalitionsvertrag der bundesweit ersten rot-rot-grünen Landesregierung begonnen. Etwa 20 Helfer seien im Einsatz, um die Stimmzettel auszuwerten, sagte Parteisprecher Jürgen Spilling am Dienstag in Erfurt. Mehr als 5.000 Mitglieder der Linken waren stimmberechtigt. Die Beteiligung sei mit 80 Prozent hoch. Mit einem Ergebnis werde am Nachmittag gerechnet.

Ergebnisse der Urabstimmungen über Rot-Rot-Grün in Thüringen werden am Nachmittag bekanntgegeben

Berlin. Bei Linkspartei und Grünen in Thüringen wird am Dienstag das Ergebnis der Urabstimmungen zum Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün bekanntgegeben. Bei der Linken soll das Ergebnis um 14 Uhr vorgestellt werden, bei den grünen um 16.30 Uhr. Die Vorstände beider Parteien rechnen damit, dass das Regierungsprogramm des Dreierbündnisses von den Mitgliedern akzeptiert wird.

Während das Votum der Parteibasis der Grünen verbindlich ist, muss es bei der Linken noch durch einen Parteitag am Mittwoch in Arnstadt bestätigt werden. Die Linke hat in Thüringen rund 5.300 Mitglieder. Die Grünen haben etwa 750 Mitglieder. Die Thüringer SPD hatte den mehr als 100 Seiten starken Koalitionsvertrag bereits am Samstag auf einem Parteitag mit 95,5 Prozent Zustimmung gebilligt.

Die Thüringer CDU will am Dienstag ihren Gegenkandidaten für die Ministerpräsidentenwahl aufstellen. Erwartet wird, dass nach der Tagung des Parteipräsidiums (20.30 Uhr) in Erfurt feststeht, ob die noch amtierende Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht oder Fraktionschef Mike Mohring am Freitag gegen den Linken Bodo Ramelow antritt. Ramelow wird von der ersten rot-rot-grünen Koalition getragen, die im Erfurter Landtag mit 46 Abgeordneten nur eine Stimme Mehrheit hat. Er wäre bundesweit der erste Ministerpräsident aus den Reihen der Linkspartei.

Die CDU, die bei der Landtagswahl im September stärkste Partei wurde, muss bei einem Erfolg von Rot-Rot-Grün erstmals seit 24 Jahren in die Opposition. Sie verfügt im Landtag über 34 Sitze. Offen ist, ob die Rechtspartei AfD mit ihren elf Abgeordneten einen CDU-Kandidaten bei der Ministerpräsidentenwahl unterstützt. Er wäre aber auch bei einer umstrittenen Unterstützung der AfD auf einen Abweichler aus den Reihen des linken Bündnisses angewiesen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll nach einem Bericht des »Spiegel« der Thüringer CDU abgeraten haben, einen eigenen Kandidaten aufzustellen. »Das schweißt die anderen nur zusammen«, soll Merkel in einer Runde der Unions-Ministerpräsidenten am Donnerstag in Berlin gesagt haben. Thüringens CDU hatte zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits entschieden, dass sie mit einem Kandidaten antritt. Offen blieb in der vergangenen Woche, mit wem. Mohring wird als möglicher Nachfolger von Lieberknecht als CDU-Chef gehandelt. dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal