Wohnen lassen statt wegsperren

Linkspartei legt Konzept für die Unterbringung von Flüchtlingen vor

  • Marlene Göring
  • Lesedauer: 3 Min.
Wohncontainer sind keine Lösung, zeigen die jüngsten Nazi-Aufmärsche in Buch und Marzahn. Die LINKE legt nun ein Konzept vor: Asylbewerber seien Bedürftige wie andere Gruppen auch.

Ein Behördenskandal und zwielichtige Geschäftspartner sind offenbar kein Grund zum Handeln: Einen TÜV für Flüchtlingsunterkünfte lehnt die Regierungskoalition ab. Ein entsprechender Antrag der Linkspartei im Sozialausschuss wurde abgewiesen - ohne Diskussion und Begründung. Obwohl selbst Sozialsenator Mario Czaja (CDU) angesichts der Affäre um das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) zugegeben hat, so ein TÜV wäre eine gute Idee.

Udo Wolf, Vorsitzender der Linksfraktion, spricht von einer »ideologisch bedingten Blockade« im Senat. Daran ändere auch der »Berliner Beirat für den Zusammenhalt« (BBZ) noch nichts, den Czaja ins Leben gerufen hat. Das Gremium mit dem ehemaligen Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und den Ex-Senatoren Heidi Knake-Werner (LINKE), Ingrid Stahmer (SPD) und Wolfgang Wieland (Grüne) soll die »Willkommenskultur verbessern« und Bürger in Kiezen mit Flüchtlingsheimen unterstützen, die helfen wollen. Für die LINKE sind die jüngsten Naziaufmärsche in Buch, Marzahn und Köpenick ein hausgemachtes Problem - weil Traglufthallen und Containerdörfer eben keine Lösung für die angespannte Lage seien.

Deshalb legt die LINKE jetzt nach: Am Dienstag präsentierte sie ein Konzept für die Berliner Flüchtlingspolitik. Erstellt hat es in ihrem Auftrag Günter Piening, bis 2012 Integrationsbeauftragter der Hauptstadt. Damals trat er zurück, weil er unter dem rot-schwarzen Senat nicht weiterarbeiten wollte. Nun meldet er sich wieder, auch weil er »die Überforderungsrhetorik« Czajas und seiner Kollegen nicht aushalte: »Der Senat beklagt sich und stellt gleichzeitig seine Politik als alternativlos dar - aber das ist sie nicht«, so der 64-Jährige.

»Wir haben nur deswegen einen Stau, weil Flüchtlinge nicht aus den Sammelunterkünften rauskommen - weil es einfach keinen Wohnraum gibt«, sagt Elke Breitenbach, sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion. Sozialer Wohnraum müsse gefördert werden, für Asylbewerber und andere Bedürftige: durch Vereinbarungen mit der Wohnwirtschaft und den städtischen Gesellschaften - und durch die Nutzung von Leerständen. Bis zu zehn Prozent der Sozialwohnungen sind zum Beispiel in Spandau unbewohnt. »Die Stadt hat nicht mal eine Übersicht, welche Gebäude in ihrem Besitz leer stehen«, meint auch Piening. Eine entsprechende Liste gehöre unbedingt zum Konzept. Bestehende Sammelunterkünfte könnten weiter genutzt werden - aber als integrative Wohnformen, sagt Breitenbach, und nennt das Flüchtlingshotel in Augsburg, allerdings das einzige Beispiel in Deutschland bisher.

»Wir müssen weg von der Selbstlüge: Die gehen ja alle wieder«, betont die LINKE-Abgeordnete. Integration von Anfang an durch Schulbesuch in regulären Klassen, Deutschkurse und durch die Anerkennung ausländischer Abschlüsse sei unerlässlich. »Ein Dach über dem Kopf alleine ist noch kein Konzept.« Der Ex-Integrationsbeauftragte Piening macht klar, dass die Ressorts besser zusammenarbeiten müssen. Bisher agierten sie viel zu unkoordiniert. Eine Kommission könnte Abhilfe schaffen, Zuständigkeiten reformiert werden. Die Fragen des Aufenthaltes sollten zum Beispiel nicht länger der Ausländerbehörde, also dem Ressort Inneres unterstehen. Sondern dem Integrationssenat: »Wir müssen weg von einer repressiven, rein sicherheitspolitischen Perspektive.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal