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Krimfußball am Ende

Die UEFA erklärt die Krim zur »Sonderzone«, für die drei Spitzenklubs ist es das Aus

  • Denis Trubetskoy
  • Lesedauer: 4 Min.
Die Fußballvereine der Krim dürfen nach einem UEFA-Entscheid nicht in russischen Ligen mitspielen. Die ehemaligen ukrainischen Spitzenvereine stehen vor dem Nichts.

Die Exekutive des europäischen Fußballverbandes UEFA hat entschieden, doch eine Lösung ist es nicht, was die Fußballgranden ausgeheckt haben für jene drei Klubs von der Krim, die seit August in der russischen Liga mitspielen. Ab 1. Januar 2015 ist den Vereinen die Teilnahme am russischen Spielbetrieb nun nicht mehr möglich, weil die Krim am Donnerstag zur »Sonderzone« erklärt wurde. Der russische Verband wird für die umstrittene Aufnahme der Krim-Vereine jedoch nicht sanktioniert.

»Auch fußballerisch war und bleibt die Krim ukrainisch«, twitterte gestern Abend der ukrainische Präsident Petro Poroschenko, der schon Ende November nach einem langen Gespräch mit UEFA-Präsident Michel Platini angekündigt hatte, dass die endgültige Entscheidung zur »Causa Krim« am 4. Dezember fallen soll. So kam es auch: Am Donnerstag gegen 17 Uhr verkündete der UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino, dass die Vereine aus Sewastopol, Simferopol und Jalta ab dem 1. Januar nicht mehr an russischen Wettbewerben teilnehmen dürfen. Krim-Klubs, die nach dem 1. Januar 2015 im russischen Verband spielen, werden gesperrt, erklärte Infantino.

Wie es mit dem Fußball auf der Krim weitergehen könnte, war zuvor lange Zeit ungewiss. Seit der Annexion der Krim stand der Profifußball auf der Halbinsel vor großen Problemen. In welche Liga gehören die Erstiligisten Sewastopol und Simferopol? Die Führungsetagen jener zwei Vereine, die früher in der »Premjer Liha«, der höchsten ukrainischen Liga, spielten, waren prinzipiell nicht dagegen, weiterhin in der Ukraine zu spielen. Die Austragung der Heimspiele zu Hause wäre allerdings unmöglich gewesen, weil die Krim-Regierung strikt dagegen war.

Der Wechsel des nationalen Fußballverbandes gestaltete sich dann schwieriger als erwartet. Um dem russischen Fußballverband RFU anzugehören, brauchte man nicht nur dessen Zusage, sondern auch die Einverständniserklärung des ukrainischen Verbandes FFU. Danach hätten auch noch die UEFA und die FIFA zustimmen müssen.

Doch die ukrainische FFU lehnte den Wunsch nach Verbandswechsel erwartungsgemäß ab, was den russischen Verband nicht davon abhielt, im August die eilig umgestalteten Vereine SKChF Sewastopol, TSK Simferopol und Schemtschuschina Jalta in die zweite Divison aufzunehmen, die als dritthöchste russische Spielklasse gilt. Darauf reagierte die UEFA mit einer Arbeitsgruppe, die sich den Krim-Klubs widmete und deren Spielbetrieb prüfte.

Am Donnerstag nun rang sich die UEFA zu einer Entscheidung durch: »Nach langen Gesprächen mit der RFU und mit der FFU sind wir zum Ergebnis gekommen, dass die Krim bis auf Weiteres eine Sonderzone sein wird«, verkündete Generalsekretär Gianni Infantino die Entscheidung der UEFA. Wie nun mit dieser »Sonderzone« umzugehen ist, bleibt im Moment noch unklar. Klar ist nur, dass diese Entscheidung - anders als es der ukrainische Präsident Poroschenko darstellt - keinesfalls optimal für die FFU ist. Die »Sonderzone« Krim wird jetzt allein dem europäischen Verband unterstellt, die UEFA erkennt die Halbinsel damit faktisch als eigenständiges, nicht mehr als ukrainisches Territorium an.

»Das ist nicht die beste Entscheidung«, hieß es intern aus dem ukrainischen Verband. Die russische Seite ist natürlich auch nicht zufrieden, kann allerdings besser damit leben. Folgt der russische Verband dem UEFA-Beschluss nicht, wäre sogar eine Sperre für den Europapokal oder sogar der Verlust der Fußball-WM 2018 in Russland möglich. Doch unterm Strich wird die RFU bislang überhaupt nicht sanktioniert.

In den nächsten Tagen will der russische Verband die Entscheidung diskutieren, doch der erste Vizepräsident der RFU, Nikita Simonjan, hat die offizielle Marschroute schon angedeutet: »Wir können diese Entscheidung, wie auch die Entscheidungen der FIFA nicht ignorieren.«

Die Krim-Vereine indes stehen im Moment unter Schock. »Die UEFA hat immer gesagt, dass sie nichts mit Politik zu tun hat. Die Entscheidung ist aber vor allem gegen den Fußball und gegen die Fans gerichtet«, kommentiert Alexander Krassilnikow, Präsident des SKChF Sewastopol. Krassilnikow hatte Sewastopol in den letzten zwölf Jahren zu einem Spitzenklub aufgebaut, und wünschte sich eine pragmatischere Lösung: Teilnahme am russischen Spielbetrieb. Da die Krim-Klubs nun weder zur ukrainischen und noch zur russischen Liga gehören, bleibt für sie nur die lokale Meisterschaft übrig - für die drei Klubs und ihre Fans ein Desaster.

Die UEFA hat zwar angekündigt, den Amateurfußball auf der Krim finanziell zu unterstützen und beim Infrastrukturbau zu helfen, der Profifußball auf der Halbinsel allerdings ist nach dieser Entscheidung des europäischen Verbandes tot. Und damit auch die bescheidene Fußball-Tradition, die es auf der Krim gibt: Immerhin wurde Tawrija Simferopol 1992 erster Meister der unabhängigen Ukraine. Sein Nachfolgeverein TSK befindet sich im Moment auf dem fünften Rang der Südstaffel der zweiten russischen Liga. Ab Januar wird auch diese kurze Fußballgeschichte ein Ende finden.

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