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CDU-Präsidium: Gröhe zieht Bewerbung zurück

Erster Wahlgang ungültig - weil Frauenquorum verfehlt / Rund 97 Prozent für Angela Merkel als Parteivorsitzende / Welche Rolle spielt das Verhältnis zur Rechtspartei AfD?

  • Lesedauer: 17 Min.

Update 19.50 Uhr: SPD-Chef Sigmar Gabriel hat den CDU-Kongress in Köln mit der scharfen Kritik von Kanzlerin Angela Merkel an den Sozialdemokraten als Parteitagskarneval bezeichnet. Gabriel sagte der »Bild«-Zeitung: »Ich gönne ihr und der CDU die kurze Pause beim Parteitagskarneval in Köln. Ab Donnerstag aber wartet wieder der Kabinettstisch und harte Arbeit in Berlin.« Merkel attackierte die SPD wegen der rot-rot-grünen Regierungsbildung in Thüringen, nannte die FDP den natürlichen Koalitionspartner der Union und bedauerte, dass es 2013 im Bund nicht zu Schwarz-Grün kam. Gabriel wertete es als Kompliment für die SPD, wenn Merkel sich zur FDP zurücksehne.

Update 19.30 Uhr: Der Gesundheitsexperte der Unionsfraktion Jens Spahn ist neues CDU-Präsidiumsmitglied. Nachdem Gesundheitsminister Hermann Gröhe auf dem CDU-Parteitag in Köln am Dienstag seine Bewerbung aus Rücksicht auf den Frauenanteil in dem Gremium zurückgezogen hatte, blieb in einem zweiten Wahlgang eine Gegenkandidatur aus. Gewählt sind nun: Annegret Kramp-Karrenbauer (85,2), Finanzminister Wolfgang Schäuble (84,6), der Europaabgeordnete David McAllister (83,7), Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (81,9), CDA-Chef Karl-Josef Laumann (76,8), Spahn (66,2) und Demirbüken-Wegner (57,5).

Update 19 Uhr: Gesundheitsminister Hermann Gröhe hat seine Bewerbung für das CDU-Präsidium aus Rücksicht auf den Frauenanteil in der Parteispitze zurückgezogen. Nach einer Abstimmung auf dem CDU-Parteitag in Köln wurde am Dienstag der erste Wahlgang für ungültig erklärt, weil das Frauenquorum von einem Drittel verfehlt wurde. Nicht gewählt wurde die Berliner Gesundheitsstaatssekretärin Emine Demirbüken-Wegner - neben der saarländischen Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer einzige Frau in dem Spitzengremium. Nach der CDU-Satzung wird der erste Wahlgang als ungültig gewertet, wenn das Quorum verfehlt wird. Danach gilt das Quorum nicht mehr. Gröhe hätte also im zweiten Wahlgang Chancen auf den Einzug in das Präsidium gehabt. Er verzichtete aber auf eine erneute Kandidatur und betonte, dass das Frauenquorum wichtig sei.

Update 17.22 Uhr: Rund zwei Millionen Euro, so heißt es, koste solch ein Bundesparteitag, trotz all der Wirtschaftsverbände und Energie-Konzerne im überfüllten Foyer. Die schönste Mitarbeiterin findet sich am Stand der Autobahnraststätten-Lobbyisten. Hört man die Reden der potenziellen Bundesvorstandsmitglieder, so stellt man fest: Nicht nur Rot-Rot-Grün, auch Rot-Grün löst bei den Delegierten Sodbrennen aus. Das gute alte Feindbild aus den 1980er-Jahren zieht immer noch – oder wieder? Nur noch vier Ministerpräsidentinnen und -präsidenten gehören der CDU an, auch das wurmt viele hier.

Update 17.01 Uhr: »Ist Angela Merkel größer als Napoleon?«, fragt die »Bild«-Zeitung in ihrer heutigen Ausgabe. Wolfgang Schäuble hatte unlängst behauptet, die Kanzlerin sei »erfolgreicher« als der Franzose. Aber größer? »Am Maßband ist sie drei Zentimeter kleiner«, antwortet »Bild«.

Update 16.54 Uhr: Jetzt wird gewählt. Zuvor hatten noch Stanislaw Tillich und Annegret Kamp-Karrenbauer ihre Bewerbungsreden gehalten.

Update 16.40 Uhr: Acht Kandidaten, sieben Plätze, ein Verlierer: Jeder Delegierte hat sieben Stimmen bei der Wahl der weiteren Mitglieder des CDU-Partei-Präsidiums. Wackelkandidat ist Jens Spahn, der junge Kandidat (34) und Gesundheitspolitiker. Er hält eine kämpferische Rede. Mit bewegter Stimme sagt er, er möchte nicht angepöbelt werden, wenn er mit seinem Freund durch Berlin gehe. »Es gibt keinen Rabatt auf unsere Werte«. Nein, er kandidiere nicht gegen irgenjemanden, sondern für die Junge Union und werde unterstützt von der CDU-Mittelstandsvereinigung. Gejohle, mittelstarker Applaus.

Update 16.25 Uhr: Nun werden die weiteren Mitglieder des Präsidiums des CDU-Bundesvorstands bestimmt. Um die sieben Posten bewerben sich acht Kanidatinnen und Kandidaten. Einer oder eine wird also leer ausgehen. Das gilt hier als Kampfabstimmung. Gerade stellt sich Karl-Josef Laumann vor, Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehnmerschaft, Ex-Arbeitsminister in NRW, Grobrhetoriker. Er gilt als das soziale Gewissen der Partei. »Wir müssen aus jedem jungen Menschen etwas machen«, auch für junge Menschen, die »nur eine Mutter oder nur einen Vater haben«, mahnt Laumann.

Update 16.09 Uhr: Das Ergebnis der Stellvertreterwahl: Julia Klöckner 96,5 Prozent, Volker Bouffier 89,1 Prozent, Armin Laschet 76,1 Prozent, Thomas Strobl 75,2 Prozent und Ursula von der Leyen 70,5 Prozent. Gegenüber Klöckners Zahlen wirkt das Ergebnis der Verteidungsministerin wie eine Klatsche. Im Anschluss folgt die Wahl der Präsidiumsmitglieder. Dabei stellen sich acht Kandidaten für sieben Posten zur Abstimmung. Im Gegensatz zu den Abstimmungen zuvor also eine Wahl mit Wahl.

Update 15.38 Uhr: Spärlicher Begrüßungs-Applaus für Ursula von der Leyen (»56 Jahre alt, verheiratet, sieben Kinder«). Sie will im Bundesvorstand ihren Beitrag dazu leisten, »dass wir unsere Verantwortung übernehmen«. Natürlich international. Sie sieht die Europäische Friedensordnung gefährdet. Doch das Erbe Helmut Kohls (da ist er wieder!) und anderer müsse verteidigt werden. Putin habe die Krim nur annektieren können, weil sich ihm niemand entgegengestellt habe. Deswegen sei eine geschlossene NATO wichtig: »Mit einem Starken muss man reden.« Von der Leyen beschwört die Leistung »unserer Soldatinnen und Soldaten«. Doch auch der Schlussapplaus bleibt mau. Innen- und Rechtspolitiker Thomas Strobl, MdB und Landeschef in Baden-Württemberg, kriegt drei mal so starken Applaus, als er von seinen Bemühungen berichtet, 2016 die Landtagswahl gegen Grün-Rot zu gewinnen. Er redet von seiner Niederlage bei der Nominierung zum Spitzenkandidaten. »Mein Gegner steht links!«, betont er. Er werde Guido Wolf im Wahlkampf unterstützen und dabei »alles, alles« geben. Rhythmisches Klatschen.

Update 15.30 Uhr: Jetzt stellen sich die potenziellen Partei-Vize-Vorsitzenden vor. Es sind fünf Kandidaten – für fünf Stellvertreter-Posten. Volker Bouffier lässt sich dafür bejubeln, dass er in Hessen eine schwarz-grüne Regierung führt. Er plädiert für möglichst viele CDU-geführte Landesregierungen, um rot-grüne Blockaden im Bundesrat zu vermeiden. Julia Klöckner, rheinland-pfälzische Oppositionsführerin, beschwört große Männer ihres Bundeslandes. Sie richtet Grüße von Helmut Kohl aus, der von Oggersheim aus den Parteitag verfolge. »Keine Krippe kann einem Kind bieten, was ihm eine Mutter bieten kann«, wettert sie wider gegenteilige Aussagen aus dem rot-grünen Lager. Jo, das sollte reichen für den Vize-Posten. Armin Laschet beschwört gemeinsame, aber neue Werte. Er will weiterhin die Programmkommission leiten. Wirtschaftspolitik ist für ihn Betonpolitik. Die Infrastruktur muss in Ordnung gebracht werden, Straßen, Brücken. Das fordern auch viele Stadtchefs – übrigens von der Bundesregierung.

Update 15.18 Uhr: Angela Merkel ist mit 96,72% zur Bundesvorsitzenden der CDU Deutschlands wiedergewählt. Gerade gibt Peter Hintze das Ergebnis bekannt: 30 Nein-Stimmen. 5 Enthaltungen. 884 Ja-Stimmen - das entspricht rund 97 Prozent. Eine dezente Verschlechterung gegenüber der letzten Wahl. Merkel nimmt sie an.

Update 15.10 Uhr: 98 Prozent? 100 Prozent? Auf dem Parteitag werden jetzt die Stimmen der Vorsitzendenwahl ausgezählt. Wenn man einigen Twitter-Tweets glauben kann, herrscht unter den Delegierten bereits jetzt Feierstimmung. Gegenkandidaten bei der Wahl zur CDU-Bundesvorsitzenden gab es keine.

Update 14.40 Uhr: Hartmut Schauerte fordert vom Rednerpult des CDU-Parteitags aus eine TaskForce, die Steuervermeidung von Großkonzernen stoppen soll. Die TaksForce soll demgemäß von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble eingesetzt werden und fünf »gut bezahlte« und »tüchtige« Personen umfassen. Der ehemalige Staatssekretär und Mittelstandsbeauftrage der Bundesregierung sieht Einnahmepotenziale von 15 bis 25 Milliarden Euro pro Jahr.

Update 14.15 Uhr: Junge-Union-Bundesvorsitzender Paul Ziemiak kritisiert das Rentenpaket als »nicht generationengerecht«. Und kündigt eigene JU-Vorschläge zur Rentenpolitik an. »Wir sind der Stachel im Fleisch der CDU«, sagt der Chef des CDU/CSU-Nachwuchs. Wenn die Partei auf die Vorschläge eingehe, könne das aber zur »angenehmen Akupunktur« werden.

Update 13.50 Uhr: Der Fairness halber: Wie stark Merkel die CDU modernisierte, wird nun deutlich, da ein Senior vom »christlichen Menschenbild« schwadroniert und den »Modernisierungskurs« beklagt, der die Konservativen in der CDU heimatlos mache und in die Arme der AfD treibe. Bald werde es kein deutsches Volk mehr geben. Dafür bahne sich die »Gender-Ideologie« auch in der CDU Bahn. 2,2 Kinder pro Frau wie in Frankreich: »Das sollte unser Ziel sein!«, fordert der Mittsiebziger. Wohlan, der Herr!

Update 13.40 Uhr: Standing Ovations für Merkel: »Die CDU ist eine großartige Partei und deswegen tut sie Deutschland gut«, verteilt Merkel Streicheleinheiten. Und ja, sie möchte tatsächlich weiter als CDU-Vorsitzende dienen. Das war's. Und schon beginnen die Standing Ovations. Der komplette Saal erhebt sich und applaudiert der Frau im dunklen Hosenanzug geschlagene zehn (in Ziffern: 10 Minuten). Vier mal kehrt die Pastorentochter von ihrem Sitzplatz zurück an die Front der Bühne, winkt huldvoll, lässt sich feiern. Feiern. Feiern! Ist die Aufklärung gescheitert? Spannendere Frage: Wird Merkel diesmal endlich ein Wahlergebnis von 100 Prozent erzielen? Beim letzten mal waren es knapp 98.

Update 13.28 Uhr: Die »deutsche Einheit« und »ich als Ostdeutsche«, der »Kanzler der deutschen Einheit« - ein Selbstläufer. Merkel mangelt es ein wenig an Leidenschaft. Doch als Kohls Name fällt, wird sie von langanhaltendem Applaus unterbrochen. »Ich glaube, wir können glücklich sein, über das, was wir erreichten«, setzt Merkel noch einen drauf. Aber die »andere Volkspartei«... »Wie viel kleiner will die SPD sich eigenlich noch machen?«, fragt Merkel mit Blick auf Rot-Rot-Grün in Thüringen. Jubel, Gejohle, Klatschen. So laut und langanhaltend wie bisher nicht. Merkel spricht von einer »Bankrotterklärung« der SPD. Und wieder: Starker Applaus. Doch Thüringen sei nur eine Etappe. Deswegen tarne Ramelow sich. Damit 2017 alle glaubten, die LINKEN taugten für den Bund. Angela Merkel zitiert Parteifreund Bernhard Vogel. Nur eine starke CDU könne Rot-Rot-Grün im Bund 2017 verhindern. Die Delegierten klatschen.

Update 13.20 Uhr: »Auch das Sterben ist ein Teil des Lebens!«, weiß Merkel. Deswegen komme geschäftsmäßige Sterbehilfe nicht in Frage. Und ärztliche? Merkel lässt es offen. Die Kirchen rennen schließlich Sturm gegen einen selbstbestimmten Tod von Menschen, denen nur noch Leiden und
Hoffnungslosigkeit bleiben.

Update 13.15 Uhr: Angela Merkel befindet sich auf dem Höhepunkt ihres Ansehens – jedenfalls laut den Analysten von Media Tenor. »Die Medien haben 2014 so positiv über Kanzlerin Merkel berichtet wie in den letzten zehn Jahren nicht«, heißt es in einer aktuellen Kurzstudie. »In einem Drittel aller Berichte über CDU-Politiker spielt Parteichefin Merkel eine Rolle – was als Hinweis auf die starke Stellung der Parteichefin gedeutet werden kann«, heißt es weiter. Beim SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel seien es nicht einmal 20 Prozent. Doch die Überpräsenz von Merkel bringt auch Probleme: »Das Medienimage der CDU ist vor ihrem Parteitag stärker denn je von ihrer Parteivorsitzenden Angela Merkel abhängig«, heißt es bei Media Tenor. »Jenseits der Parteivorsitzenden gibt es weder Köpfe noch Themen, mit denen die CDU tatsächlich öffentlichkeitswirksam wahrgenommen wird«, so Roland Schatz. »Generalsekretär Tauber bleibt genauso blass wie Merkels Stellvertreter. Allein die Politiker mit Regierungsverantwortung im Bund sind stärker sichtbar.« Ein weiterer Aspekt: Die Union kann sich in der öffentlichen Wahrnehmung »nicht von der mitregierenden SPD abgrenzen«. Beide Parteien würden »in den Medien gleich beurteilt, Erfolge und Misserfolge werden beiden zugerechnet. Differenzierung findet nicht statt«, so Schatz. Zusammen stellen Union und SPD allerdings alles andere in den Schatten: »Die Regierungsparteien bekommen Dreiviertel der Aufmerksamkeit der Medien«, heißt es . »Die Opposition hat große Probleme wahrgenommen zu werden.«

Update 13.11 Uhr: »Schade drum«, sagt Merkel. Und meint damit, dass manche Grüne im Gegensatz zur CDU 2013 keine schwarz-grüne Koalition auf Bundesebene wagen wollten. »Wir waren bereit«, so die Ostdeutsche. Themenwechsel: Die CDU werde mit aller Härte gegen Hooligans und Hassprediger vorgehen. Damit meint Merkel aber nicht Erika Steinbach. Im Gegenteil: Die langjährige Vertrieben-Präsidentin wird von Merkel mit einem »ganz herzlichen Dankeschön« bedacht. Nun zitiert Merkel erstmals - Adenauer. Die CDU müsse an ihrem Wertekompass festhalten, den Blick auf den Einzelnen, seine Freiheit, seine Würde. Soweit Angela Merkels Wort zum Dienstag

Update 13.05 Uhr: Merkel kritisiert die Verschiebung der Krim, für sie eine Infragestellung der europäischen Nachkriegsordnung. Das Recht des Stärkeren sei in der Ukraine bedeutsamer als die Stärke des Rechts. Ein Schuss gegen Russlands Präsidenten Putin. Es müsse alle diplomatische Anstrengung in Angriff genommen werden, um die Krise zu lösen. Mit langem Atem »können wir es schaffen«, zeigt Merkel sich überzeugt. »Lieber Herr Klitschko, wir helfen Ihnen, wo wir können und unterstützen Sie!« Starker Applaus der Delegierten

Update 12.55 Uhr: Viel redet Merkel von Made in Germany, von Wettbewerbsfähigkeit, Innovationskraft, aber auch von ökologischer Nachhaltigkeit. All das unter einen Hut bringt aus Sicht von AngelaMerkel: die CDU. Also Angela Merkel. Stets aber gibt es neben den Chancen auch massive Risiken – auch das ein roter Faden ihrer Rede.

Plötzlich steigt die dezent verschnarchte Stimmung wieder ins Bierzelthafte, als die Kanzlerin künftige CDU-Wahlsiege in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt beschwört. Dann geht's nach Europa, wo die Christdemokraten gerade für gute Wachstumsbedingungen und stabile Finanzen sorgen. Laut Merkel jedenfalls.

»Wir sind verpflichtet, international Verantwortung zu übernehmen«, betont Merkel insbesondere mit Blick auf den »menschenverachtenden« IS in Syrien und Nordirak. Auslandsmissionen der Bundeswehr? »Deutschland leistet da Wichtiges und die Bundeswehr ist in einem großen Umbauprozess begriffen.« Lob für Ursula von der Leyen – der Applaus: eher mittelstark. »Unsere Soldatinnen und Soldaten« werden lautstärker beklatscht.

Update 12.48 Uhr: Gelingt die Energiewende oder wird sie »zur Gefahr für den Industriestandort Deutschland«? Merkel meint: Nun brauche es die richtigen Rahmenbedingungen, betreffend insbesondere den Ausbau der Netze und die Europäisierung der Energiewende. Garant dafür sie die Christdemokratie.

Update 12.40 Uhr: Regelrechter Jubel brandet auf, als Merkel von der hiesigen CDU fordert: »Sorgt dafür, dass Nordrhein-Westfalen ein Rechtsstaat bleibt!« Anlass: Rot-Grün hatte in den letzten Jahren vier Verfassungs-Verfahren verloren, drei wegen eines nicht schuldenbremsen- und daher nicht verfassungskonformen Landeshaushalts. Gut eine Minute lang klatschen die Delegierten.

Für Merkel ist die FDP nicht tot: »Warten wir es erst mal ab!«, sagt sie über »unseren natürlichen Bündnispartner« und dessen potenzielle Wiederkehr in den parlamentarischen Raum.

Update 12.25 Uhr: Jetzt spricht Merkel. »Wir haben viel erreicht«, behauptet sie. Deutschland sei wohlhabend und international geachtet, die Arbeitslosigkeit hingegen niedrig, insbesondere jene der Jugend. Umwelt-und Sozialstandards: hoch. Und erstmals seit Jahrzehnten wurde ein Bundeshaushalt verabschiedet, bei dem der Staat keine neue Schulden aufnimmt. »Das ist ein historische Leistung!«. Starker Applaus. Auch für Wolfgang Schäuble, den Merkel immer noch siezt. Michael Böhmer sieht das ein wenig anders. Der Chefvolkswirt des Wirtschaftsforschungsinstituts Prognos rechnete vor ein paar Tagen vor: Die Steuerbelastung in der laufenden Legislaturperiode werde sich wohl um 14 Prozent erhöhen. Zwar werden Böhmer zu folge die Einkommen um 17, die Einkommenssteuern aber um 30 Prozent steigern. Statt durchschnittlich 3875 Euro Einkommenssteuer pro Haushalt in 2013 werden 2017 um die 5000 Euro anfallen. Neben Wenigverdienern sind mittlere Einkommen besonders, Besser- und Höchstverdiener indes weit weniger betroffen. »Die CDU tut Deutschland gut«, ruft Merkel. Gleich springen sie von den Sitzplätzen auf, so ist zu befürchten. Doch Merkel erhebt den Zeigefinger: Gerade würden die Karten global neu gemischt dank der neuen Technologien. »Wir dürfen uns keinen Tag auf dem Erreichten ausruhen«. Deswegen das Motto des Parteitages. Die Deutschen müssten die Mutigen in diesen spannenden Zeiten sein, fordert die Bundeskanzlerin. Dabei dürfe die Freiheit der Wirtschaft nicht zu stark beschnitten werden.

Update 12.10 Uhr: Die Stimmung auf dem CDU-Bundesparteitag ist ausgezeichnet. Kein Wunder: Die Christdemokraten wurden unlängst wieder stärkste Kraft in Deutschland und Europa. Merkel lässt sich von Joseph Daul preisen, dem Ex-Chef der EVP-Fraktion im Europaparlaments. Daul fordert ein 100-Prozent-Ergebnis bei der heutigen Wiederwahl Merkels zur CDU-Bundesvorsitzenden. Nur Kölns SPD-Oberbürgermeister Jürgen Roters nervt ein wenig. Er fordert eine Entlastung der Kommunen wegen Sozialpolitik, Zuwanderung, maroder Infrastruktur. Aber: Who the fuck is Roters? Vitali Klitschko ist hierhierhier! Starker Applaus dafür. Armin Laschet spricht schon wieder von Adenauer. Der 1967 verstorbene Kölner ist omnipräsent. Laschet beschwärmt gar die Beerdigung Adenauers und stilisiert ihn zum antifaschistischen Widerstandskämpfer. Die Westbindung! Die europäische Einigung! Die soziale Marktwirtschaft! Und sogar Protestanten durften bei der CDU mitmachen: »Konrad Adenauer war ein Modernisierer«, schwärmt Laschet weiter.

Update 11.37 Uhr: Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel begrüßt die Delegierten und Gäste, darunter politische, religiöse und zivilgesellschaftliche Würdenträger mit acht Minuten Verspätung um 11.08 Uhr. Der Gottesdienst im Kölner Dom sei bewegend gewesen, bedankt sich
Merkel. Es folgt ein langer Nekrolog für die seit dem letzten Parteitag verstorbenen Parteifreunde. Tagesordnung, Antragskommission, Mandatsprüfungskommission werden einstimmig abgewunken. Das Zepter übernommen hat nun Sitzungspräsident Armin Laschet, CDU-Bundesvize und
NRW-Landeschef. Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) freut sich über den CDU-Bundesparteitag. Sagt er zumindest in seinem Grußwort. Und er lobt Kölns »großen Sohn« Konrad Adenauer und dessen »visonäre Kraft«. Auch die KölnMesse habe Adenauer gegründet, schwärmt Sozialdemokrat Roters.

Ach, Adenauer! Riesige Arbeitslosenprojekte, die Gründung von Selbsthilfe- und Genossenschaftseinrichtungen, der Bau öffentlicher Anlagen und Einrichtungen - und das in einer wirtschaftlichen Krisenphase, Geld gab es sogar für einen großen Grüngürtel: das war in Köln Programm nach dem Ersten Weltkrieg. Oberbürgermeister damals: ein gewisser Konrad Adenauer (Zentrumspartei). Adenauer war auch Erfinder einer absolut Veggie-Day-tauglichen Soja-Wurst, auf die er eines seiner vielen Patente hielt.

Mit solchen Ansätzen könnte der CDU-Urvater sich in seiner Partei heute wohl kaum blicken lassen, ohne als Freiheitsfeind verjagt zu werden. Auch OB Roters schweigt dazu.

Update 10.39 Uhr: »In Deutz beginnt der Bolschewismus«, glaubte einst Konrad Adenauer. Die CDU ist stolz darauf, in ihres ersten Bundeskanzlers Heimatstadt zu tagen. In den Kölner Messehallen, um exakt zu sein. Die stehen übrigens in einem rechtsrheinischen Stadtteil namens – Deutz. Langsam füllt sich der Saal. Einige Delegierte kommen von einem ökumenischen Gottesdienst im Kölner Dom. »Wir arbeiten für Deutschlands Zukunft«, so lautet das Parteitagsmotto. Auf dem Flur marschiert jemand in einem Kostüm, das an »Bernd das Brot« erinnert. »Steuerbremse« steht auf seinem künstlichen Pelz. Ein erster Hinweis auf das kontroverse Thema »Kalte Progression«, das die Delegierten hier und heute beschäftigen wird. Im Foyer der Kölner Messe gibt es direkt neben dem Stand für die Presse eine eigene Anlaufstelle für die ZDF-Satiresendeung heuteshow, die gerne auf Parteitagen chaotisiert – ein Scherz. Ansonsten: Viele Lobbyisten hier.

Update 8 Uhr: CDU-Chefin Merkel hat die Absage an eine Zusammenarbeit mit der Rechtspartei AfD bekräftigt. »Im Bundesvorstand sind wir uns einig, dass wir mit der AfD weder koalieren noch kooperieren«, sagte sie dem »Kölner Stadt-Anzeiger«. Die Auseinandersetzung mit der AfD ist offiziell kein Thema auf dem CDU-Bundesparteitag an diesem Dienstag und Mittwoch in Köln - das Thema dürfte aber angesichts des medialen Interesses dennoch eine Rolle spielen. Überzeugender als diese Debatte sei es aber, meinte Merkel, »dass die CDU den Bürgern deutlich macht, welche politischen Angebote wir für richtig halten und wie wir in der Regierung handeln«. Das werde ihre Partei in Köln tun, »und daran können sich die Menschen orientieren«.

Update 7.45 Uhr: »Ein Großereignis« - die CDU ist ganz aus dem Häuschen ob ihres Bundesparteitags. Hier geht es zur Sonderseite des Parteitags; hier geht es zum Antragsheft.

Update 7.30 Uhr: Am Abend hatte Merkel am Rande des CDU-Parteitags wegen vorübergehenden Unwohlseins die Aufzeichnung eines ZDF-Fernsehinterviews unterbrochen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte der Deutschen Presse-Agentur am Montagabend: »Die Bundeskanzlerin fühlte sich einen Augenblick lang nicht wohl, hat dann etwas gegessen und getrunken und die Interviews anschließend fortgesetzt.« Am späteren Presseempfang am Vorabend des Parteitags in Köln nahm Merkel teil.

Was steht am Dienstag auf dem Programm des Parteitags?

Berlin. Genau 1001 Delegierte der CDU treffen sich ab Dienstag in Köln zu einem Bundesparteitag - auf der Agenda unter anderem die Wiederwahl von Kanzlerin Angela Merkel zur Parteivorsitzenden. Die 60-Jährige stellt sich zum achten Mal der Wahl - bei ihrer jüngsten Wiederwahl hatte sie mit 97,9 Prozent ihr bisher bestes Ergebnis erreicht.

Die Delegierten sollen auch über die Riege der fünf stellvertretenden Vorsitzenden abstimmen. Spannend könnte es bei der Wahl des Parteipräsidiums werden - auf sieben zu bestimmende Plätze kommen acht Bewerber, darunter Regierungsmitglieder aus Bund und Ländern.

Rede Merkels: Die Bundeskanzlerin gilt nicht als große Rednerin. Sie spricht kaum frei und reißt ihr Publikum selten mit. Ihr Auftritt dürfte in etwa eine Stunde dauern. Vermutlich wird sie die Union weiter auf einen Kurs der gesellschaftlichen Mitte einschwören.

Wahl der Stellvertreter: Es treten wieder an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier sowie die Landesvorsitzenden Julia Klöckner (Rheinland-Pfalz), Armin Laschet (Nordrhein-Westfalen) und Thomas Strobl (Baden-Württemberg). Klöckner hatte 2012 das beste Ergebnis, Bouffier das zweitbeste. Die anderen lagen unter 70 Prozent. Damals war ein Vize-Posten zusätzlich geschaffen worden, weil es fünf Bewerber für vier Plätze gab.

Wahl des Präsidiums: Eine solche Aufstockung soll es bei der Präsidiumswahl diesmal nicht geben. So bewerben sich acht CDU- Politiker auf sieben Plätze. Dabei möchten der Gesundheitsexperte der Bundestagsfraktion, Jens Spah , und Gesundheitsminister Hermann Gröhe, neu in das Gremium einziehen. Von den Amtsinhabern treten Finanzminister Wolfgang Schäuble, die Ministerpräsidenten Annegret Kramp-Karrenbauer (Saarland) und Stanislaw Tillich (Sachsen), der Europaabgeordnete David McAllister, CDA-Chef Karl-Josef Laumann und die Berliner Gesundheitsstaatssekretärin Emine Demirbüken-Wegner wieder an.

CDU-Kommissionen: Erstmals debattiert die CDU in parallel tagenden Foren über Schwerpunktthemen, die Klöckner, Laschet und Strobl seit Monaten in Kommissionen erarbeiten. Das sind: Nachhaltigkeit, Arbeit und Bürgergesellschaft. Als externe Experten eingeladen sind der gelernte Arzt und Kabarettist Eckart von Hirschhausen, der Fußballspieler Christoph Metzelder und Malte Siewert vom Reiseinformationsportal Trivago. nd/mit Agenturen

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