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Streit um Tarifeinheit: DGB-Chef sieht keine Spaltungsgefahr

Schon 18.000 haben bei Unterschriftenaktion von Ver.di, NGG und GEW mitgemacht / Hoffmann: Ausdruck von Strömungen innerhalb der Gewerkschaften / IG-BCE-Chef: Wir müssen das jetzt klären

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) droht wegen des offenen Konflikts um die Tarifeinheit laut DGB-Chef Reiner Hoffmann keine Spaltung. »Die Unterschriftenaktion, die jetzt drei Gewerkschaften durchführen, ist keine Aktion gegen den DGB«, sagte Hoffmann der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die Aktion richte sich allein an die Regierung.

Mehr als 18.000 Menschen haben bis zum Wochenende den Aufruf der drei DGB-Gewerkschaften Ver.di, NGG und GEW gegen das geplante Tarifeinheits-Gesetz der Bundesregierung unterzeichnet. Hoffmann ist wie die anderen fünf DGB-Gewerkschaften für das Gesetz. Mit ihm soll die Stellung der Mehrheitsgewerkschaft in einem Betrieb zulasten von Spartengewerkschaften gestärkt werden.

Hoffmann stellte die Unterschriftenaktion als Ausdruck verschiedener DGB-Strömungen dar. Konkret sei sie inspiriert von einer Veranstaltung bei der Linken. »Sie entspricht nicht meiner Position, ich halte sie auch nicht für sonderlich zielführend, aber natürlich kann ich unterschiedliche Positionen akzeptieren.« Der DGB habe zwar historische Wurzeln mit der SPD. »Aber wir haben als Einheitsgewerkschaft auch Mitglieder, die sich bei der CDU, den Grünen oder der Linken engagieren.« Grüne und Linke lehnen das Gesetz ab.

Der Chef der Chemiegewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, hatte Alarm wegen des Konflikts geschlagen: »Die Dinge sind in einem Zustand angekommen, in dem wir das klären müssen.«
Der Linkenvorsitzende Bernd Riexinger sagte auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, »unter dem Deckmantel Tarifeinheit steckt Streikbruch per Gesetz. Das ist eine Schande für die SPD, und droht, für den DGB eine zu werden.«

In dem Aufruf wird die Bundesregierung aufgefordert, »von einer gesetzlichen Regelung der Tarifeinheit abzusehen«. Man bekenne sich zwar »zum Prinzip, dass Gewerkschaften die Solidarität aller Beschäftigtengruppen organisieren«. Ziel sei der Grundsatz » Ein Betrieb ein Tarifvertrag« im Sinne von Flächentarifverträgen. »Die so verstandene Tarifeinheit hat einen hohen Stellenwert für die Gewährleistung einer solidarischen und einheitlichen Interessenvertretung aller Beschäftigten in den Betrieben und Dienststellen.« Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf werde aber »diesen Grundsätzen nicht gerecht, da er bei einer Kollision mehrerer Tarifverträge vorsieht, nur den Tarifvertrag der Mehrheit gelten zu lassen. Die anderen sind tariflos und ihr Streikrecht steht unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Dies ist unzweifelhaft auch eine indirekte Einschränkung des Streikrechts.«

Hoffmann betonte die Gemeinsamkeiten im DGB. »Wir sind alle für die Tarifeinheit.« Sie stärke den Grundsatz »ein Betrieb, ein Tarifvertrag«. Alle DGB-Gewerkschaften seien sich in ihrem Nein zu einem gesetzlichen Eingriff ins Streikrecht einig. Das sei auch wegen des Einflusses des DGB erfüllt.

Hoffmann teilte sogar ausdrücklich die Befürchtung von Verdi, GEW und NGG eines indirekten Eingriffs ins Streikrecht. Arbeitsgerichte, so die Sorge, könnten Streiks von Minderheitengewerkschaften verbieten. »Ich sage allerdings: Das müssen wir uns im Einzelfall genau anschauen, und erst dann beurteilen«, betonte Hoffmann.

Würden kleine, vielleicht elitäre Berufsgruppen für Partikularinteressen zulasten der Gesamtbeschäftigten streiten, sei es berechtigt, dies danach zu beurteilten, ob es verhältnismäßig sei. Mit einer gemeinsamen Stellungnahme zum Tarifeinheitsgesetz habe sich der DGB als durchaus weiter handlungsfähig erwiesen. »Wir sind als Organisation alt genug, um mit internem Diskussionsbedarf selbstbewusst umzugehen«, so der DGB-Chef. dpa/nd

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