Rettig reichts

Alexander Ludewig bedauert den Rücktritt des DFL-Chefs

Stadionwurst statt Galakaviar. Jeans statt Anzug. Andreas Rettig hat seine Bodenständigkeit nie versteckt. Auch nicht in höchsten Amt und Würden. Das tat dem deutschen Fußball gut. Nun bat der Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL) um die Auflösung seines Vertrages.

Rettig reichts. Denn Rettig denkt den Fußball immer noch von unten. Vor zwei Jahren, bei seinem Amtsantritt, sagte er: »Ich möchte, dass die DFL etwas mehr über den Sport wahrgenommen wird, nicht nur als Vermarktungsverband.« Das ist ihm gelungen. Zuletzt mit der Einführung der Torlinientechnologie, für die er sich vehement eingesetzt hatte.

Noch viel wichtiger aber war, dass der 51-Jährige der DFL zu mehr Glaubwürdigkeit, Autorität und Souveränität verholfen hat - mit kühlem Kopf in der hitzigen Debatte um die Sicherheit in den Stadien. Glaubwürdigkeit erlangte er an der Basis, bei den Fans. Weil er einer der ersten hochrangigen Verbandsvertreter war, der die oft beschworene Dialogbereitschaft auch wirklich umsetzte. Weil er Stehplätze nicht als Gefahr sieht, deren Erhalt nicht an Bedingungen knüpfte und schon gar nicht mit deren Abschaffung drohte.

Diese Haltung verlor Rettig auch gegenüber populistischen Forderungen aus Politik- und Sicherheitskreisen nie, die den Sport zum Spielball ihrer Interessen machen wollen. So verschaffte er der DFL Autorität und Souveränität, was gleichzeitig die Glaubwürdigkeit an der Basis noch stärkte.

Am Montag sagte Rettig nun, dass er seine Zukunft wieder im Klubfußball sehe. Da, wo er herkam. Und da, wo er sein Denken einfach besser in Taten umsetzen kann. Bei manch einem Auftritt als DFL-Chef war ihm das Unbehagen anzusehen: Nicht immer das sagen können, was man will. Denn auch Rettig war als Verbandsfunktionär zu Kompromissen gezwungen. Für den Klub, den er vielleicht bald wieder führen wird, kann er ein Gewinn sein. Für die DFL ist sein Abschied ein großer Verlust.

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