Müssen sich Sparer sorgen?

Fragen & Antworten zu negativen Zinsen

  • Lesedauer: 3 Min.
Ein Novum: Wer Geld bei der Bank anlegt, muss dafür Gebühren zahlen, statt Zinsen zu kassieren. Noch trifft es nur ausgewählte Kunden. Viele Sparer fragen, bleibt es dabei?

Lange galten Strafzinsen in der Branche als tabu. Doch nach der bis dato kaum bekannten Thüringer Skatbank (siehe nd-ratgeber Nr. 1181 vom 10. Dezember 2014) führt die Commerzbank als deutsche Nummer zwei Gebühren für hohe Geschäftsguthaben ein. Es folgt die Düsseldorfer WGZ. Ein Trend?

Drohen Millionen Sparer jetzt negative Zinsen?

Verbraucherschützer erwarten nicht, dass die Banken solche Strafzinsen in Zukunft auch für kleinere Sparguthaben einführen werden. Max Herbst von der Finanzberatung FMH: »Der Kleinsparer muss keine Angst haben, dass morgen sein Sparbuch mit 30 000 Euro mit Negativzinsen belastet wird.« Auch Commerzbank und WGZ versichern: Privatkunden und Mittelstand würden verschont.

Wen betreffen die Strafzinsen?

Die Commerzbank behält sich eine »Guthabengebühr« nach Angaben eines Sprechers »bei einzelnen großen Firmenkunden mit hohen Guthaben sowie bei Großkonzernen und institutionellen Anlegern« vor. Greifen sollte das ab Dezember 2014. Auch die Düsseldorfer WGZ - die Zentralbank der Volksbanken und Raiffeisenbanken im Rheinland und in Westfalen - will einzelnen institutionellen Kunden negative Zinsen berechnen.

Warum fordern Banken Geld für Guthaben ihrer Kunden?

Die Institute begründen das mit der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Als erste größere Notenbank der Welt bittet sie seit Juni 2014 Geschäftsbanken zur Kasse, wenn diese Geld bei ihr parken. Zunächst waren es 0,1 Prozent, im September dann 0,2 Prozent. Diese Gebühr geben erste Banken etwa an Firmenkunden weiter, für die sie viel Geld vorhalten.

Trifft das nicht letztlich doch alle Bankkunden?

Auf Umwegen könnten Strafzinsen bei Kleinsparern und Verbrauchern ankommen: Großkunden der Banken sind auch Fondsgesellschaften. Denkbar ist, dass Fonds für Anleger weniger Rendite abwerfen, weil deren Anbieter bei ihrer Bank Gebühren für die Geldanlage zahlen müssen.

Die Fondsgesellschaft Union Investment versuche, Gelder etwa in Festgeld umzuschichten. Ähnlich sieht es bei Versicherern aus, die als institutionelle Investoren ebenfalls betroffen sind.

Was bezweckt der Strafzins?

Die Währungshüter wollen Banken dazu bringen, überschüssiges Geld nicht zu horten, sondern mehr Kredite an Unternehmen und Verbraucher zu geben. Das könnte die lahmende Konjunktur im Euroraum ankurbeln und die für den Wirtschaftsaufschwung gefährlich niedrige Inflation wieder in Richtung der EZB-Zielmarke von knapp 2,0 Prozent heben.

Geht das Kalkül auf?

Nach jüngsten Daten parken die Institute noch gut 25 Milliarden Euro bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise waren es mehr als 800 Milliarden Euro. Die Kreditvergabe jedoch hat nicht wie erhofft angezogen. Viele deutsche Mittelständler etwa haben ausreichend eigene Gelder für Investitionen. Und weil die konjunkturelle Lage insgesamt unsicher bleibt, stehen viele Manager beim Thema Investitionen auf der Bremse. dpa/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal