Tücken bei Schnee und Eis

Winterdienst

  • Lesedauer: 3 Min.
Die weiße Pracht kommt oft nachts und beschert schon frühmorgens den Kommunen und Hausbesitzern alles andere als ein Zuckerschlecken.

Die Schneemassen kämen selten aus heiterem Himmel, so dass sich die für das Räumen Verantwortlichen in der Regel nicht mit »höherer Gewalt« herausreden könnten, erklärt Rechtsanwalt Hans-Jürgen Leopold von der Deutschen Anwaltshotline (D-AH). Auch ein Warnschild »Bei Schnee und Eis wird weder geräumt noch gestreut« ersetze nicht die Räum- und Streupflicht auf winterlichen Wegen und Plätzen.

Wer etwa einen Parkplatz betreibt und dafür Geld von den Benutzern verlangt, müsse dafür sorgen, dass die Autofahrer jederzeit gefahrlos von ihrem abgestellten Fahrzeug zum gefegten Bürgersteig gelangen können.

Weil das nach einer durchschneiten und frostigen Nacht auf einem Bahnhofs-Parkplatz versäumt wurde, rutschte ein Mann beim Verlassen seines Autos auf der spiegelglatten Fläche aus und verletzte sich erheblich an der Schulter. Das Oberlandesgericht Karlsruhe sprach ihm 3500 Euro Schadensersatz plus Zinsen zu. Den Hinweis auf das Warnschild mit dem »selbst gestrickten« Haftungsausschluss wiesen die Richter zurück.

Darf der örtliche Winterdienst in Eigenregie entscheiden, wo in der Kommune bei Schnee und Glatteis gestreut wird und wo nicht? »Im Prinzip ja - nur haftet er dann für alle Unfälle, wenn ein Gericht später gerade den unbestreuten Straßenbereich als verkehrswichtig einstuft«, sagt Rechtsanwalt Leopold.

So geschehen in Nürnberg, wo eine Frau ihren Pkw an einer roten Ampel zum Stehen bringen wollte. Weil sich auf ihrer Fahrspur Eis befand, rutschte sie auf ein vor ihr stehendes Fahrzeug und verursachte einen Schaden von über 2000 Euro. Den bekam sie von der Stadtreinigung ersetzt, obwohl der Räumdienst diesen Straßenabschnitt gar nicht in seinen Plan aufgenommen hatte. Laut Gericht war die Kreuzung eine verkehrswichtige und gefährliche Stelle, die laut Gesetz nun mal von Eis und Schnee freizuhalten ist, so der Anwalt.

Auch Schneeschippen soll nicht in Schikane ausarten. Bei ununterbrochenem Niederschlag entfällt die gesetzliche Pflicht, die Gehwege begehbar zu halten. Die Glätte würde sich umgehend nur wieder neu bilden, zitiert Leopold aus einem entsprechenden Richterspruch des Oberlandesgerichts Celle. Der Umfang der Streupflicht muss laut Gesetz in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Zweck stehen.

Ein Streupflichtiger brauche nicht tätig zu werden, wenn sich auf gefrorenem Boden das Glatteis immer wieder erneuert. Dafür aber muss im Rechtsstreit vor Gericht der konkrete Beweis erbracht werden, betont der Anwalt. Dem Unfallopfer steht dann kein Schadensersatz wegen Verletzung der Streupflicht mehr zu.

Für eine Schneewalze, die von einem Haus auf einen geparkten Pkw stürzt und den beschädigt, trägt der leichtsinnige Autofahrer die Verantwortung. Eine Pflicht zur Anbringung von Schneefanggittern gebe es normalerweise nicht, so Leopold.

Wer sein Fahrzeug im Winter an einem Gebäude abstellt, sollte sich mit Blick nach oben Gewissheit über die Schneedecke auf dem Dach verschaffen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bleibe es dem Passanten selbst überlassen, sich und sein Eigentum durch besondere Achtsamkeit vor abgehendem Schnee zu schützen. D-AH/nd

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