Wankas Versprechen

Bildungsrauschen

  • Lena Tietgen
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Arbeitsbedingungen für Nachwuchswissenschaftler sind seit Jahren schlecht. Bereits 2010 hat die GEW in ihrem »Templiner Manifest« darauf hingewiesen und unter anderem gefordert, Promovierenden »ausreichend tarifvertraglich geregelte Beschäftigungsverhältnisse mit Sozialversicherungsschutz« anzubieten, die »mindestens drei Viertel der Arbeitszeit für die eigenständige Qualifikation vorsehen«. Vor Wochenfrist bekräftigte die Gewerkschaft dieses Anliegen noch einmal bei der Vorstellung eines eigenen Entwurf für ein neues Wissenschaftszeitvertragsgesetz.

Indes scheint auch Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) einzulenken. Laut sueddeutsche.de hält sie es für »indiskutabel, dass mehr als die Hälfte der Wissenschaftler bei ihrem ersten Vertrag kürzer als ein Jahr beschäftigt« würden. Verträge, die eine Promotion einschließen, müssten sich in ihrer Dauer nach der durchschnittlichen Zeit für die Promotion ausrichten. »Das wird selten unter drei Jahren gehen.« Sie plane hierzu, »das Wissenschaftszeitvertragsgesetz zu überarbeiten«.

Und das tut Not. Vor kurzem hat zeit.de junge Wissenschaftler zu Wort kommen lassen. Unter ihnen ist Florian Leitner, 37 Jahre, Filmwissenschaftler: »Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz schreibt vor, dass Wissenschaftler nach der Promotion nur sechs Jahre befristet beschäftigt werden dürfen. Spätestens dann müssen sie einen unbefristeten Vertrag bekommen. Das Bildungsministerium feiert das Gesetz als Erfolg. Für die wissenschaftlichen Mitarbeiter an den Universitäten klingt das wie blanker Hohn. Es wurde eingeführt mit dem Ziel, die Zahl der Anstellungen auf Zeit zu verringern. Erreicht wurde das Gegenteil: Nach Ablauf der sechs Jahre erhalten die Mitarbeiter nicht etwa einen unbefristeten, sondern gar keinen Vertrag mehr.«

Ähnlich äußert sich Karl Mandel, 29 Jahre, Nanowissenschaftler: »Leider bleibt nur wenig Zeit, sich auf die tatsächliche wissenschaftliche Arbeit zu konzentrieren. Das bestimmende Thema in der Wissenschaft lautet: Woher bekomme ich die Mittel um mich, meine Mitarbeiter und meine Forschung zu finanzieren? Da Geld fehlt, muss ein Antrag auf Projektförderung bei Drittmittelgebern wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Bildungsministerium oder der EU gestellt werden. Oft werden 20 bis 100 Antragsseiten gefordert. Nach harter, oft monatelanger Arbeit, ist der Antrag fertig - also ab damit. Und warten und warten und warten. Die Begutachtung dauert in der Regel 6 bis 12 Monate. Schon stellt sich die existenzielle Frage, wie man die Wartezeit finanziell und inhaltlich überbrücken kann.«

Auch auf spiegel.de wird kritisiert. So postet uhuplus: »Durch die fehlenden Dauerstellen geht viel Wissen verloren. Zum einen wechseln Doktoranden nach der Promotion schleunigst in die Industrie, zum anderen werden die umfangreichen Experimente von Nachfolger zu Nachfolger gereicht. Einzelne Dauerstellen könnten verhindern, dass teuer erarbeitete Erkenntnisse dem Generationenwechsel alle 3-5 Jahre zum Opfer fallen.« Und bosom ergänzt: »Auch Technische Assistenten, das Rückgrat eines jeden Labors, werden nur noch befristet angestellt.« Lena Tietgen

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