Wenn 17-Jährige zur Uni gehen

Zahl der minderjährigen Studenten steigt

  • Lesedauer: 3 Min.
Exakt 2884 minderjährige Studenten waren im Wintersemester 2013/14 an deutschen Hochschulen eingeschrieben. Die Hochschulen sehen das entspannt, denn die meisten würden ohnehin im ersten Semester volljährig.

Die Zahl der minderjährigen Studenten steigt seit mehreren Jahren auf sehr niedrigem Niveau deutlich an. Aufgrund einer teils verkürzten Schulzeit bis zum Abitur (G8) und dem Aus der früher obligatorischen Wehrpflicht können mehr junge Leute früher studieren. Im Wintersemester 2010/2011 waren lediglich 887 Studenten unter 18 eingeschrieben, im Wintersemester 2003/2004 knapp unter 400. Die beliebtesten Fächer unter den minderjährigen Studenten waren wirtschaftswissenschaftliche Studienrichtungen, gefolgt von Informatik.

Wie viele Studenten sind unter 18?

Trotz der Rekordzahl von 2884 minderjährigen Studenten im Wintersemester 2013/2014 - ihr Anteil an allen Studierenden liegt nur bei 0,1 Prozent. Berlin hat laut Hochschulrektorenkonferenz als einziges Bundesland eine sogenannte Vorabquote für Minderjährige eingeführt: Danach sollen in einem Auswahlverfahren wenigstens ein Zwanzigstel und höchstens drei Zehntel der Studienplätze an minderjährige Bewerber gehen, die im Einzugsgebiet der Hochschule wohnen.

Wie ist die rechtliche Situation minderjähriger Studierender?

Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen haben ihre Landeshochschulgesetze so geändert, dass Unter-18-Jährige in allen Belangen des Studiums voll rechtsfähig sind. In den anderen Bundesländern gehen die Hochschulen nach Darstellung der Hochschulrektorenkonferenz einen anderen Weg: Sie holen zu Beginn des Studiums eine Generaleinwilligung der Eltern von Minderjährigen ein. Danach dürfen die Studierenden alle Handlungen im Zusammenhang mit dem Studium selbst vornehmen.

Können minderjährige Studenten ein Zimmer mieten?

Eltern minderjähriger Studenten müssen den Mietvertrag unterschreiben. Deshalb sind sie auch meist bei der Zimmerbesichtigung etwa im Wohnheim dabei. »Sie kommen aber auch mit, wenn die Kinder schon 20 Jahre alt sind«, sagt Georg Schlanzke vom Deutschen Studentenwerk. Dieser »Gluckentrend« verstärke sich.

Wie lange dürfen minderjährige Studierende feiern?

Nach dem Jugendschutzgesetz müssen sie öffentliche Veranstaltungen um Mitternacht verlassen. Die Ausnahme ist, wenn eine erziehungsbeauftragte Person sie begleitet.

Sind junge Studenten unselbstständiger?

Studienanfänger seien im Durchschnitt weniger selbstständig als noch vor sechs, sieben Jahren, sagt das Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Information, Beratung und Therapie an Hochschulen (GIBeT), Stefan Hatz. »Das eine Jahr, das ihnen fehlt, ist entwicklungspsychologisch schon ein entscheidendes Jahr.« Es habe jungen Menschen im geschützten Raum Entwicklungsmöglichkeiten geboten, die bei der Schulzeitverkürzung (G8) wegfielen.

Begleiten viele Eltern ihre Kinder zur Studienberatung?

Der Anteil der Eltern, die mit in die Beratung kommen, ist deutlich gestiegen. Vor zehn Jahren sei dies noch die Ausnahme gewesen, inzwischen bringe etwa jeder Zehnte Eltern mit. Viele Eltern seien nur als Zuhörer dabei. Andere informierten sich und stellten Fragen. Ein kleiner Teil gehöre zur Kategorie Helikoptereltern und binde das Gespräch an sich. Dominante Eltern fänden sich meist in Beratungsgesprächen der Fächer Medizin, Jura, Pharmazie und Wirtschaftswissenschaften. Der Anteil dieser Eltern habe in den vergangenen zehn Jahren aber nicht auffällig zugenommen.

Was besagt der Begriff Helikoptereltern?

Der Bielefelder Psychologe Daniel Wilhelm nennt vier Kriterien, an denen man Helikoptereltern erkennt: Überbehütung, Überinvolvierung, Einschränkung der Autonomie und die Tendenz, anderen die Schuld zu geben, wenn etwas schief läuft. dpa/nd

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