Nur mit dem Herzen tanzt man gut

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Je schneller Werbetexter mit überschwänglichen Formulierungen wie jener, eine Künstlerin lege ihrem Publikum ihr Herz zu Füßen, bei der Hand sind, desto fader schmecken solch abgegriffene Formulierungen. »Von der japanischen Teezeremonie inspiriert«, heißt es in einer Pressemitteilung der Sophiensaele, »lädt die multimediale Tanzinstallation ›MatchAtria‹ das Publikum zu einer einzigartig intimen Berührung des Herzens ein.« Man möchte gähnen und weglaufen.

Wer es jedoch schafft, das Werbeblatt bis zur abschließenden Auflistung der Beteiligten zu lesen, könnte spätestens an jener Stelle hellhörig werden, da von einem »Supervisor Herzschlagmessung + Taktiles« die Rede ist. Sollte die »einzigartig intime Berührung des Herzens«, die der Soloabend der japanischen Choreografin und Tänzerin Yui Kawaguchi in Aussicht stellt, tatsächlich als mehr verstanden werden denn als rührselige Worthülse?

Allerdings. Jedem Zuschauer, erfährt man nämlich an anderer Stelle, wird eingangs ein Kunststoffimitat von Kawaguchis Herz in die Hand gedrückt, das dessen Schläge dorthin überträgt. Die international hoch gelobte Tänzerin, die einer Liebe wegen seit 2002 in Berlin lebt, bewegt sich dabei durch 3D-Videoprojektionen, Sprach- und Klanglandschaften, die sie gemeinsam mit dem bildenden Künstler und Filmregisseur Yoshimasa Ishibashi geschaffen hat.

Kawaguchi sei ein Energiebündel, eine Ausnahmetänzerin, eine Brückenschlägerin zwischen den Welten und Künsten, heißt es von Kennern. Sie »denkt mit dem Körper«, so der Tanzjournalist Arnd Wesemann. Mit ihrem Herzen, bedeutet das im Umkehrschluss, gibt Kawaguchi ihren Zuschauern nun auch ihr Gehirn in die Hand (Premiere am 18. Februar, 20 Uhr, in den Sophiensaelen, weitere Aufführungen bis zum 22. Februar). mha

Foto: Yui Kawaguchi/Yoshimasa Ishibashi

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