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Bundestag stimmt am Freitag über Verlängerung des Kreditprogramm für Griechenland ab / Bild hetzt gegen Athen

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Berlin. Wenn die »Bild«-Zeitung die Brühe abschöpfen möchte, die sie vorher als »Volksseele« selbst hochgekocht hat, startet sie einen Aufruf. Diesmal und schon wieder richtete sich die Hetze gegen die »gierigen Griechen« - und es fanden sich am Donnerstag genug Leute, die dem »kollektiven Organisator« aus dem Hause Springer mit einem Selfie von sich und dem Aufruf »Nein - keine weiteren Milliarden für die gierigen Griechen!« folgten. Der Deutsche Journalisten-Verband verurteilte die Aktion. »Die Griechenlandpolitik der Bundesregierung kann man mögen oder ablehnen«, sagte DJV-Chef Michael Konken. Eine solche Kampagne verbiete sich aber.

Nicht für »Bild«. Die bietet als Kronzeugen den als »Wirtschaftsweisen« bezeichneten Ökonomen Lars Feld auf. Der trug als Berater dazu bei, dass die Schuldenbremse ins Grundgesetz kam. »Frechheit darf sich nicht auszahlen«, warnte Feld und verlangte von der SYRIZA-geführten Regierung, »sich an die Regeln« zu halten.

Zu diesen Regeln gehörten Auflagen für Kürzungen im sozialen Bereich, Privatisierungen, die Senkung des Lohnniveaus und die Schwächung von Gewerkschaften. SYRIZA hat versprochen, dies zu ändern. Doch der Kompromiss mit den europäischen Gläubigern über eine Verlängerung des Kreditprogramms ist ein Kompromiss und verlangt Athen trotz entstehender Spielräume viel ab. Das stieß auch in der griechischen Linkspartei auf Kritik.

Am Mittwochabend stimmten deren Abgeordnete jedoch mit großer Mehrheit für die Liste mit Maßnahmen, welche Athen im Gegenzug für eine Verlängerung des Kreditprogramms aufstellen musste. Regierungschef Alexis Tsipras und Finanzminister Yanis Varoufakis standen fast elf Stunden Rede und Antwort. Danach votierten fünf Abgeordnete mit Nein, fünf enthielten sich, über 130 stimmten mit Ja.

Ebenfalls am Mittwochabend wurde bekannt, dass die SYRIZA-geführte Regierung weitere Privatisierungen stoppt - diesmal von zwei Energieversorgern. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums reagierte prompt mit der Ermahnung, es gebe zwar eine gewisse Flexibilität, dies sei aber nichts, was Griechenland alleine entscheiden könne.

Derweil hat sich Finanzminister Varoufakis gegen den Druck auf seine Regierung gewehrt. In einem Interview mit der französischen Satirezeitung »Charlie Hebdo« warnte er unter anderem mit Blick auf die Regierung in Berlin: »Wenn Ihr denkt, Ihr tut gut daran, progressive Regierungen wie unsere zur Strecke zu bringen, dann macht Euch auf das Schlimmste gefasst.« Wenn demokratisch gewählten Regierungen die Luft abgeschnürt werde, »dann profitieren davon nur die Fanatiker, die Rassisten, die Nationalisten und all diejenigen, die von Angst und Hass leben«.

Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, stellte sich vor die Regierung in Athen. »In Europa verändert sich was, das ist dem couragierten Auftreten der neuen griechischen Regierung zu verdanken«, so die Politikerin mit Blick auf den von Athen erreichten Kompromiss. Man sage deshalb »Ja zu der Öffnung, die SYRIZA erkämpft hat«, bleibe aber beim »Nein zu dem alten neoliberalen Kürzungskurs, weil er sozial zu Katastrophen geführt hat und volkswirtschaftlich einfach kontraproduktiv ist«.

Die Linksfraktion will sich am Freitagmorgen abschließend über ihr Abstimmungsverhalten verständigen. Bei einem Probevotum am Dienstag hatten 29 Parlamentarier der LINKEN mit Ja gestimmt, vier mit Nein und 13 enthielten sich. Die SPD-Fraktion sprach sich am Donnerstag einstimmig für eine Verlängerung des Kreditprogramms aus. Bei der Union votierten 311 Abgeordnete mit Ja, 22 mit Nein, fünf enthielten sich.

Bereits am Donnerstag hat das niederländische Parlament dem Kompromiss zwischen Athen und Eurogruppe zugestimmt. nd Seite 2

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