Werbung

Australiens Flüchtlingspolitik ist Folter

Bericht der Vereinten Nationen kritisiert die konservative Regierung scharf

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 3 Min.
Australien sperrt seit Jahren Bootsflüchtlinge in Lagern ein. Laut einem aktuellen UN-Bericht wird damit die Anti-Folterkonvention gebrochen. Die Regierung reagierte mit Verärgerung auf den Vorwurf.

Millionen Dollar gehen jedes Jahr in Schockkampagnen wie die Internet-Aktion: »No way! - Ihr werdet Australien nicht zu eurer Heimat machen«. Sie sollen Asylsuchende davon abhalten, sich in ihrer Not nach Australien zu flüchten. Im Wahlkampf 2013 war der »Stoppt-die-Boote«-Slogan des derzeitigen Premierministers Tony Abbott eine der Hauptparolen zum Wählerfang gewesen. Dabei war die Flüchtlingspolitik schon unter der Vorgängerregierung ungewöhnlich harsch gewesen für ein westliches Land. Bereits seit Juli 2013 schiebt Australien jeden, der per Boot ankommt, in Lager auf Nauru oder nach Papua-Neuguinea ab - ohne Chance, jemals als Flüchtling in Australien anerkannt zu werden.

Die Lager sind vom Rest der Bevölkerung abgeschottete, gefängnisähnliche Baracken. Bereits vor Jahren hat das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) die Bedingungen im Flüchtlingslager auf Nauru schwer kritisiert und als »mit Ratten verseucht, beengt und sehr heiß« beschrieben. Jetzt geht ein Experte noch weiter: Die Flüchtlingspolitik verstoße in Teilen gegen die Anti-Folterkonvention der Vereinten Nationen, heißt im aktuellen Bericht von Juan Mendez, dem UN-Sonderberichterstatter zum Thema Folter. Er kritisiert sowohl die Inhaftierung als auch die Bedingungen, unter denen die Menschen in den Lagern leben. Australiens Regierungschef Tony Abbott reagierte mit Ärger auf den Bericht und sagte, Australier hätten »genug davon, von den Vereinten Nationen belehrt zu werden«. Die Vorwürfe wies er zurück.

Im UN-Bericht wird vor allem das Lager auf der Insel Manus hervorgehoben. Auf der zu Papua-Neuguinea gehörenden Insel hatten Flüchtlinge erst im Januar gegen ihre Situation demonstriert. Fast 500 Flüchtlinge gingen in den Hungerstreik, und 30 bis 40 Menschen hatten ihre Lippen zugenäht. »Jeder hat Angst um seine Sicherheit hier«, sagte damals einer der Flüchtlinge der »Refugee Action Coalition«. Niemand könne die Nacht vergessen, als Reza Barati getötet worden sei. Der Iraner war bei einer gewalttätigen Ausschreitung mit Einheimischen vor etwas über einem Jahr ums Leben gekommen.

Zudem kritisiert der UN-Bericht Australiens Politik, Boote aus Indonesien zu stoppen und zurückzusenden, ohne den Insassen Zugang zu Rechtsanwälten zu gewähren. Auch die Inhaftierung von Kindern in den Auffanglagern wird im Report kritisiert. Damit schlägt das UN-Dokument in die gleiche Kerbe wie ein Bericht der australischen Menschenrechtskommission, der im Februar im Parlament behandelt worden ist. Obwohl er anerkannte, dass seit Februar 2014 etwa die Hälfte der 1138 in Lagern festgehaltenen Kinder entlassen worden sei, zeigte er auch die erschreckende Lage der verbleibenden Mädchen und Jungen auf. Psychische Probleme, Verhaltensstörungen sowie Berichte von sexuellem Missbrauch veranlassten die Kommissionspräsidentin Gillian Triggs, die Freilassung aller verbleibenden Kinder zur höchsten Priorität zu erklären.

Auch diesen Bericht hatte die Regierung als ungerechtfertigt zurückgewiesen und Triggs gar persönlich angegriffen: Premier Abbott warf ihr politische Subjektivität vor und sprach ihr öffentlich die Glaubwürdigkeit ab. Dabei hatten betroffene Kinder bereits im August 2014 in Briefen um »Hilfe« gerufen. Auch diese hatte die Menschenrechtskommission veröffentlicht.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal