Gespräche über Reformliste auch am Wochenende

SYRIZA will tausende Entlassungen rückgängig machen / Athen: Parlament berät über Wiedereinstellung von 4000 Beamten / Gesetz zur »Demokratisierung des öffentlichen Dienstes«

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Update 17.10 Uhr: Die Bundesregierung hat die griechische Rückzahlung eines 450-Millionen-Euro-Kredites an den Internationalen Währungsfonds als gutes Signal für eine langfristige Lösung der Athener Schuldenkrise bezeichnet. »Natürlich ist es ein wichtiges Zeichen dafür, dass Griechenland willens und in der Lage ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen«, sagte Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz am Freitag in Berlin. Griechenland hatte bisher seine Zahlungsverpflichtungen immer pünktlich und umfassend erfüllt. Dagegen liegt die Auszahlung von Kredittranchen der Gläubiger an die Regierung in Athen weiter auf Eis. Auf die von Journalisten geäußerte Frage, ob die Bundesregierung vom Verhalten der griechischen Regierung genervt sei, antwortete Wirtz: »Die Bundesregierung ist nicht genervt.«

Update 17 Uhr: Die Verhandlungen über die von den Gläubigern verlangte Liste mit Reformmaßnahmen der SYRIZA-geführten Regierung in Griechenland gehen auch am Wochenende weiter. Experten werden in Brüssel und Athen Gespräche führen und über Ergänzungen an der verlangten Liste beraten, die bereits vorgelegt wurde – die bei den Gläubigern aber noch als unzureichend betrachtet wird. Die nächste Etappe ist das Treffen der Euro-Finanzminister am 24. April in Riga, wo über die Auszahlung der bislang blockierten Auszahlung von Tranchen aus dem laufenden Kreditprogramm in Höhe von insgesamt 7,2 Milliarden Euro an Griechenland beraten wird. »Es gibt Fortschritte in den Gesprächen«, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission am Freitag in Brüssel.

SYRIZA will tausende Entlassungen rückgängig machen

Berlin. Das griechische Parlament hat mit Beratungen über die Wiedereinstellung von rund 4.000 Beamten begonnen, die im Zuge der von den Kreditgebern Griechenlands aufgedrückten Kürzungsdiktate entlassen worden waren. Der Gesetzestext mit dem Titel »Demokratisierung des öffentlichen Dienstes«, mit dem sich die Abgeordneten in Athen am Donnerstag beschäftigten, soll ein Wahlversprechen der linken SYRIZA-Partei von Regierungschef Alexis Tsipras umsetzen. Eine Abstimmung soll erst in den kommenden Wochen erfolgen.

Das Gesetzesvorhaben sei »die erste Etappe unserer Eingriffe im öffentlichen Dienst und unserer Versuche, die verfassungsmäßige und demokratische Ordnung nach fünf Jahren Gegen-Reform wiederherzustellen«, erklärte der Staatssekretär für die Verwaltungsreform, Giorgos Katrougalos. Zum einen sollen aus Kürzungsgründen entlassene Polizisten sowie Mitarbeiter in Verwaltung und Schulen ihren Job zurückerhalten, zum anderen sollen etwa 6.000 Menschen in den öffentlichen Dienst integriert werden, die das Bewerbungsverfahren erfolgreich durchlaufen haben, am Ende aber trotzdem keine Stelle erhielten.

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Tsipras' Regierung will im laufenden Jahr rund 15.000 Beamte einstellen. Damit liegt sie auf einer Linie mit den Haushaltsplanungen der Vorgängerregierung aus Konservativen und Sozialisten. Die Kosten für die nun debattierten Einstellungen werden mit 72 Millionen Euro beziffert. In dem Gesetzeswerk sind außerdem Änderungen der Disziplinarbestimmungen und Maßnahmen zur Bekämpfung der Bürokratie enthalten. Nach Angaben der EU-Behörde Eurofound hat Griechland zwischen 2008 und 2013 seinen Beamtenapparat um elf Prozent verkleinert. Damit liegt es mit Ländern wie Frankreich, Großbritannien, Portugal und Lettland an der Spitze der EU.

Derweil hat sich die Zahl der an der griechischen Küste geretteten und aufgenommenen Bootsflüchtlinge in den ersten drei Monaten dieses Jahres mehr als verdreifacht. Von Januar bis März hätten 10.445 Einwanderer Griechenland über das Meer erreicht, teilte die griechische Küstenwache am Donnerstag mit. Im Vorjahreszeitraum seien es 2.863 gewesen. Dieses Jahr erreichten allein im März 6.493 Bootsflüchtlinge die griechischen Küsten, insbesondere die östlichen Inseln unweit der Türkei. Die Bootsfahrten, die teuer bezahlt werden müssen, sind gefährlich und enden nicht selten tödlich.

Der für Migration zuständige EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos hatte am Mittwoch bei einem Besuch in Athen gesagt, die EU sei »besorgt« über das derzeitige Asylsystem. Brüssel sei sich »bewusst, dass sich etwas ändern muss«, fügte er mit Blick auf den Grundsatz hinzu, dass das Erstaufnahmeland für Asylbewerber zuständig ist und andere EU-Staaten Asylbewerber dorthin zurückschicken können. Diese Regelung bürdet südlichen EU-Ländern wie Griechenland und Italien besondere Lasten bei der Versorgung von Flüchtlingen auf. Agenturen/nd

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