Napoleon, Mussolini

Blatt für Rod Steiger

  • hds
  • Lesedauer: 2 Min.

Da war dieser auffallend körperliche Zugriff, diese Stämmigkeit, die sich noch in jeder Zerfahrenheit und jeder Brüchigkeit behauptete. Ein Sturheitsbündel. Aber selbst in seiner so sehr präsenten Massigkeit konnte er ein schwebendes Gemüt sein; in seiner Kraft war er nur in gebotenen Maßen derb, und noch als Stärkebrocken entwickelte er den Gestus eines staunenden Kindes.

Rod Steiger wurde 1925 in Long Island/New York geboren, 2002 starb er - heute wäre er neunzig geworden. Anfang der 50er Jahre hatte er seine Laufbahn begonnen, mit einem Kurzauftritt in Fred Zinnemanns »Teresa«. Er habe sich darauf eingestellt, so schrieb er in seinem Tagebuch, das er erst im Alter veröffentlichte, »viel, viel Zeit investieren zu müssen, um auffällig zu werden«. Er musste lediglich die ersten Anzeichen seiner schillernden Bulligkeit investieren, denn er erhielt bereits für seinen zweiten Film, Elia Kazans »Die Faust im Nacken«, eine Oscar-Nominierung. Als korrupter Anwalt. Fällig wurde die Ehrung dann 1967, er gab, an der Seite von Sidney Poitier, einen Südstaaten-Sheriff von klischierter Klasse - in Norman Jewisons »In der Hitze der Nacht«. Er war Spekulant und Dieb, Napoleon und Mussolini, er spielte bei Rosi und Bondartschuk, Leone und Lizzani, Altman und Bandera.

Rod Steiger gehört zu den Unvergesslichen aus der Typengalerie à la Brando oder Welles, Spieler, die Hollywoods Erzählkino mit einem besonderen Realismus prägten. Es ist der Realismus, der gegen das Ende einer Kultur kämpft, und das Ende einer Kultur kündigt sich an, wenn ihre Fiktionen wie Betrug wirken. Man nennt einen Sieg in solchem Kampf nicht Wahrheit, aber: Wahrhaftigkeit. hds

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