Flüchtige Wahrheit
Uwe Kalbe über wohlfeile und peinliche Bekenntnisse zur Flüchtlingspolitik
Das Problem ist nicht, ob jugendliche Flüchtlinge auch anderswo untergebracht werden dürfen als in der Einrichtung, in die sie zuerst und zu einem guten Teil zufällig geraten. Die Frage ist, ob sie wie Flüchtlinge behandelt werden oder wie Kinder, deren Wohl das erste Entscheidungskriterium zu sein hat, wenn man behördliches Handeln organisieren will. Dazu ist die Bundesregierung durch die UNO-Kinderrechtskonvention verpflichtet, der Deutschland beigetreten ist. Etwa nur, weil es sich dem zivilisatorischen Anspruch dieses Vertragswerkes schlecht entziehen kann?
Selbst dann aber sollte auch Bundesfamilienministerin Schwesig das Kindeswohl nicht nur im Munde führen und gleichzeitig als erstes Handlungskriterium die Entlastung »überforderter« Kommunen zum Antrieb einer Gesetzesinitiative machen. Die Bundesregierung sollte das Kindeswohl selbst zu diesem Antrieb machen. Da könnte sich Manuela Schwesig bei ihrem Ministerkollegen de Maizière dafür einsetzen, seine Problemsicht zu überdenken. Dieser nannte es zum zehnjährigen Jubiläum des Zuwanderungsgesetzes »blamabel«, dass Menschen aus Europa nicht gehindert würden, Asyl in Europa zu beantragen. Diese Menschen sind bekanntlich zu einem guten Teil Kinder, etwa aus Kosovo, einer Region, die Deutschland maßgeblich zu »befrieden« half. Blamabel, dass dort ihr Kindeswohl keinen Pfifferling zählt.
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