Pegida-Gegner in Österreich angezeigt

Nach Demonstrationsblockade offenbar Warnung für zukünftige antifaschistische Aktionen

  • Hannes Hofbauer, Wien
  • Lesedauer: 3 Min.
In Wien wurde gegen Antifaschisten, die am 2. Februar eine Pegida-Demonstration blockiert hatten, Anzeige erstattet. Ein öffentlicher Aufschrei gegen diese Kriminalisierung blieb bisher aus.

Eine parlamentarische Anfrage der Grünen brachte es jetzt ans Licht. In ihrer Beantwortung räumte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ein, dass gegen 456 Antifaschisten, die einen Pegida-Demonstrationszug blockiert hatten, Anzeige erstattet worden sei. Die Ereignisse, auf die sich die Anfragebeantwortung der Ministerin bezog, fanden vor über zwei Monaten statt.

Damals meldete eine Handvoll rechter Sympathisanten der Dresdner Pegida-Bewegung eine erste Demonstration in der österreichischen Hauptstadt an, die sie als »Spaziergang durch die Innenstadt« propagierten. Die Teilnahme blieb mager, mehr als 300 Islamophobe mochten sich nicht einfinden.

Zum »Spaziergang« ist es dann nicht gekommen, weil eine größere Anzahl an Gegendemonstranten den Platz blockierte, auf dem sich die Pegida-Anhänger versammelt hatten. Knapp zwei Stunden hielten die Rechten in der Kälte aus, bevor die Exekutive die Versammlung auflöste und die Pegida-Leute nach Hause gingen.

Während die Rechten ungehindert abzogen, stellte die Polizei die Identität jener Gegendemonstranten fest, die sich nach der Auflösung des kläglichen Pegida-Aufmarsches noch am Versammlungsort befunden hatten. Dabei ging es, wie die Innenministerin bestätigte, um die Durchsetzung des Paragrafen 285 des Strafgesetzbuches, mithin um die »Verhinderung oder Störung einer Versammlung«. Die Ministerium im O-Ton: »Zur weiteren Strafverfolgung mussten die Identitäten der Personen geklärt werden.«

Im Zusammenhang mit der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage wurde zudem publik, dass das Innenministerium 67 Beamte abstellte, um sich unter die Pegida-Gegner zu mischen, der Großteil davon kam vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismus-Bekämpfung.

Wenn man davon ausgeht, dass auch die Gegenseite polizeilich infiltriert war, dann befand sich offensichtlich ein beachtlicher Teil jener Personen, die sich am 2. Februar gegenüberstanden, im Dienste des Staatsschutzes und kassierte üppige Überstundenzuschläge.

Dass es tatsächlich zu Verfahren gegen die 456 Pegida-GegnerInnen kommen wird, ist indes äußerst unwahrscheinlich. Dies schon deshalb, weil die Blockade der Rechten ohne größere Zwischenfälle ablief und es auch vor Ort keine Festnahmen gegeben hat. Der Vorstoß der Innenministerin soll wohl eher eine Warnung an zukünftige antifaschistische Aktionen sein, die sich nicht an die Spielregeln der Anmeldung von Demonstrationen halten.

Zeitgleich zum Pegida-Aufmarsch fand am 2. Februar nämlich an anderer Stelle in der Wiener Innenstadt eine Großdemonstration gegen die rechten Islamfeinde statt, an der 5000 Menschen teilnahmen.

Der Versuch, die nun gezählten 456, dem autonomen Lager zuzurechnenden Antifaschisten zu kriminalisieren, könnte nur mit einer »rechtlich völlig absurden« Auslegung des Gesetzes gelingen, meint denn auch der grüne Anfragensteller Albert Steinhauer und glaubt nicht an eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft.

Auf Seite der Pegida-Demonstranten wurden übrigens mehrere Verstöße gegen das Verbotsgesetz der nationalsozialistischen Wiederbetätigung wahrgenommen, Hitlergrüße inklusive. Gegen insgesamt elf Rechte wird nun diesbezüglich ermittelt, wobei die Identität erst bei vier von ihnen festgestellt werden konnte. Dass kein direkter Zugriff der Polizeibeamten während der Verbotshandlungen erfolgte, erklärt Ministerin Mikl-Leitner mit »polizeitaktischen Erwägungen.«

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