Selbstbediener

Der Spanier Rodrigo Rato, einst Direktor des IWF, wurde wegen Geldwäsche verhaftet

  • Ralf Streck, San Sebastiàn
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist wohl Familientradition. Bruder und Vater von Rodrigo Rato mussten schon 1966 ins Gefängnis, weil sie illegal Geld in die Schweiz verschoben. 1949 in Madrid geboren, stand Rato selbst von 2004 bis 2007 dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vor und war zuvor Finanzminister und Vizepremier in Spanien. Am Donnerstag wurde das Mitglied der Volkspartei (PP) in der Hauptstadt festgenommen. Nach acht Stunden kam er am Freitag wieder frei. In dieser Zeit wurden sein Büro und seine Wohnung wegen des Verdachts auf Geldwäsche, Betrug und betrügerische Vermögensverschiebung durchsucht. Nachdem Spanien unter seinem Nachfolger im Ministeramt ein Steueramnestie-Gesetz erhalten hatte, nutzte Rato 2012 dieses, um 6,2 Millionen Euro, die er in Steuerparadiesen besaß, zu »legalisieren«. Aber es heißt nun, es handelte sich um illegales Geld, das nicht unter die Amnestie fiel.

Es ist mithin schon das vierte Verfahren gegen den in den USA ausgebildeten Wirtschaftswissenschaftler. Hatten Bruder und Vater einst die kleinen Banken »Murciano« und »Siero« ruiniert, hat Rato wohl »Bankia« auf dem Gewissen, eine Fusion von sieben spanischen Geldinstituten mit einer Bilanzsumme von 328 Milliarden Euro, damals viertgrößte Bank Spaniens. Rato wurde 2010 deren Präsident und war es bis zu seinem blitzartigen Rücktritt 2012. Der Staat rettete das Unternehmen durch Nationalisierung. Aber die Anleger, darunter Hunderttausende Kleinsparer, verloren fast ihr gesamtes Geld.

Der Vater von drei Kindern wird nun wegen Bilanzfälschung in Höhe von 19 Milliarden Euro beim Bankia-Börsengang 2011 angeklagt. Ein weiteres Verfahren läuft, weil die Absturzbank ein »Selbstbedienungsladen« war. 84 Aufsichtsratsmitglieder und Führungskräfte hatten Kreditkarten, mit denen sie steuerfrei und unkontrolliert bezahlen oder Geld abheben konnten; wohl eine Art Schweigegeld angesichts der Miss- wirtschaft mit Bankia.

Lange wurde Rato von der Regierungspartei PP gestützt. Erst jetzt im Wahljahr distanziert sie sich allmählich von ihm.

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