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Cockpit an Passagiere: Wo sind wir?

Crossair-Crash-Pilot von Zürich hatte auch andere »Überraschungen« parat

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.
Es ist unglaublich, was das Schweizer Fernsehen in seiner Sendung »10 vor 10« zeigte. Das Video eines Inland-Crossair-Passagiers zeigt den Landeanflug eines »Jumbolinos« auf dem Flughafen von - ja eben nicht wie geplant in Sion. Erst unmittelbar vor der Piste bemerkte der Pilot, dass er versehentlich nach Aosta geflogen war. Er startete durch und nach einigen Ausreden, von wegen, es sei eben ein wenig »stressig« im Cockpit gewesen, nahm Kapitän Hans Lutz Kurs auf den eigentlichen Zielort. Das war am 21. März 1999. Am 24. November 2001 steuerte ein Crossair-Kapitän seinen aus Berlin kommenden »Jumbolino« in ein Waldgebiet vor dem Flugplatz Zürich-Kloten. Unter den 25 Toten ist auch der Chef an Bord - Hans Lutz. Die Untersuchungen, warum der altgediente Pilot den Anflug derart verpatzte, dauern an. Gestern versicherte die Crossair, man werde natürlich auch den 1999er Vorfall aufklären. Was die Verantwortlichen bislang dazu mitteilten, legt den Verdacht nahe, Lutz werde zum Alleinschuldigen gemacht. Es wird aber auch zu klären sein, wer es Lutz gestattet hatte, am Morgen des Unglückstages noch einer jungen Nachwuchspilotin Flugunterricht zu erteilen. Dass er so die zulässige Arbeitszeit überschreiten musste, war klar. Zu fragen ist auch, wie es kommt, dass ein Pilot, der wie Lutz bei der 1996er Umschulung auf den Typ MD-80 durchfiel, dennoch auf anderen Typen als Kapitän fungieren sowie Unterricht erteilen konnte. Die Fakten weisen auf einen grundsätzlichen Mangel der Crossair-Philosophie hin. Ursprünglich war die Airline ja als vor allem preislich attraktive Kurzstrecken-Tochter der Swissair gestartet. Mit dem Nimbus der Mutter leistete man sich unter Crossair-Chef Moritz Sutter einige Abweichungen von der Norm. Man verzichtete beispielsweise auf so genannte Crew-Resource-Management-Seminare, in denen eine effiziente gegenseitige Überwachung von Pilot und Co-Pilot trainiert wird. Auch technisch scheint die Crossair, die nach der Pleite ihrer Mutter Swissair deren Geschäfte weiterführen soll, Probleme zu haben. Anfang Dezember musste eine Embraer wegen Systemausfalls in Stuttgart statt in Basel runter, davor war eine MD-80 wegen Hydraulik-Problemen in Sharm El Sheikh nicht gestartet und die Umkehr zweier Crossair-Maschinen gleich nach dem Start in Zürich brachte der verbliebenen Schweizer Airline auch kein Vertrauen ein. Wie man so im internationalen Konkurrenzkampf einen Neustart sichern will, ist zumindest unklar.

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