Kanonenboote mit besonderem Auftrag

Vor der Küste des Fünften Kontinents patrouilliert die australische Marine - sie soll die Überfahrt von Schutzsuchenden verhindern

Lange Sandstrände, hohe Wellen zum Surfen, ein wildes Hinterland, das Opernhaus in Sidney und die Rockband AC/DC - diese Dinge fallen Otto Normalverbraucher vermutlich ein, wenn er Australien auf dem Globus sieht. Dass auf dem Fünften Kontinent - im Gegensatz zu anderen ehemaligen Kolonien Englands - ein beachtlicher Wohlstand herrscht, dürfte auch bekannt sein. Dass Canberra das wohl strikteste Grenzregime weltweit eingeführt hat, dagegen wohl weniger.

Bis zum Amtsantritt von Regierungschef Tony Abbot im September 2013 versuchten Flüchtlinge immer wieder, mit dem Boot nach Australien zu gelangen. Dann startete Australien die Aktion »Souveräne Grenzen« - die Schutzsuchenden werden seitdem von der australischen Marine aufgespürt, abgefangen und auf das asiatische Festland zurückgedrängt. Kommt doch einmal einer der Asylsuchenden durch das engmaschige Abfangnetz, dann darf er in der Regel nicht bleiben. Die konservative Regierung schickt die Menschen in Unterkünfte auf die Insel Nauru und nach Papua-Neuguinea. Dort müssen sie in tropischer Hitze und zum Teil unter katastrophalen Zuständen ausharren.

Nach Angaben der zuständigen Behörden suchten 2013 mehr als 25 000 Bootsflüchtlinge in »down under« Zuflucht. Mindestens tausend von ihnen mussten die Überfahrt mit dem Leben bezahlen. Seit fast anderthalb Jahren sei kein Boot mehr mit Flüchtlingen angelandet, heißt es aus Canberra. Und es habe sich kein Todesfall auf dem Wasser ereignet.

Australien ist das Ziel von Flüchtlingen unter anderem aus Sri Lanka, Afghanistan und dem Mittleren Osten. Meist steigen die Menschen in Indonesien in ein Boot für die Überfahrt. Damit gar niemand auf diese Idee kommt, hat die Regierung eine Anzeigenkampagne in 17 Sprachen gestartet. Ein Plakat zeigt ein kleines Schiff, das gegen Wellen ankämpft. Es droht, jeden Moment zu kentern und die Besatzung mit in die Tiefe zu reißen. Die Schrift über dem Boot lautet: »Keine Chance - Australien wird nicht eure Heimat.« In einem Video, das über das Internet verbreitet wird, warnt ein Mann im Tarnanzug Menschen ohne Visa vor der gefährlichen Reise. Alle müssten zurück, erklärt er unmissverständlich in strengem Ton, es werde keine Ausnahmen geben. Abschreckung pur.

Derweil versucht Canberra, das »Flüchtlingsproblem« auszulagern - und zwar nach Kambodscha. Im vergangen Jahr hat Phnom Penh seine Bereitschaft erklärt, Asylsuchende aus den Lagern im Pazifik aufzunehmen. Die Geflüchteten sollen freiwillig umziehen, heißt es von offizieller Seite. Das Abkommen lässt sich die kambodschanische Regierung mit einer Stange Geld versüßen; die Rede ist von 27 Millionen Euro. Die Schutzsuchenden versorgen kann sie freilich nicht: Kambodscha ist eines der ärmsten Ländern Asiens, das sich noch immer nicht vollständig von den Gräueltaten der Roten Khmer Ende der 1970er Jahre erholt hat.

Doch die Umsiedlung der Flüchtlinge verzögert sich. Logistische Probleme seien dafür verantwortlich, so die australische Regierung zu Wochenbeginn.

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