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Illegaler Gen-Reis nicht nur bei Aldi gefunden

Bayer-Getreide hinterlässt verheerende Spuren in Langkornreis-Importen aus den USA

  • Anna Wolkenhauer
  • Lesedauer: 3 Min.
Aldi-Langkornreis enthält Spuren eines von Bayer entwickelten genmanipulierten Getreides aus den USA. 20 Prozent aller US-Reisimporte in die EU sind gentechnisch verunreinigt.
Zwei Meldungen dürften die Verbraucher und die Gentechlobby Anfang der Woche gleichermaßen erschreckt haben: Erst wurde gentechnisch kontaminierter Reis in den Regalen von Aldi Nord entdeckt, dann veröffentlichte die Europäische Kommission das Ergebnis einer Testreihe, nach dem ein Fünftel des von der EU aus den USA importierten Langkornreises Spuren von Genreis enthält. Der LLRice601 wurde vom Pharmariesen Bayer entwickelt. Die Bayer CropScience Deutschland GmbH bastelt seit 2002 als eigenständiger Teilkonzern an Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln. Außerdem spielt sie eine große Rolle bei der Forschung in der Gentechnologie. Das Kürzel »LL« im Namen der Reis-Sorte steht für »Liberty Link«, ein ebenfalls von CropScience entwickeltes Unkrautbekämpfungsmittel, gegen das der Reis durch Einpflanzen eines zusätzlichen Genes resistent gemacht wurde. Dieses ursprünglich aus einem Bodenbakterium stammende Gen bildet ein Protein mit der Fähigkeit, das Herbizid zu entgiften, und ermöglicht so einen gewinnbringenderen Reisanbau. Das genmanipulierte Getreide wurde bis zum Jahr 2001 auf Versuchsfeldern in den USA angebaut, war jedoch wegen der unerforschten Risiken für den Konsumenten nie für menschlichen Verzehr zugelassen. Auch als Bayer im Jahr 2003 eine Importzualssung für die Sorte LL62 beantragte, die ebenfalls gegen »Liberty Link« resistent ist, lehnte die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit den Import ab, da neun Mitgliedstaaten gesundheitliche Bedenken äußerten. Die Verunreinigung von herkömmlichem Reis mit der Sorte LL601 wurde das erste Mal im Januar dieses Jahres festgestellt, Bayer informierte die US-Behörden jedoch erst ein halbes Jahr später, und die EU wurde sogar erst im August benachrichtigt. Seitdem wird jeglicher Langkornreis, der aus den USA in die EU importiert wird, genau untersucht. Wie jetzt bekannt wurde, scheint der Skandal um den Aldi-Langkornreis nur der Beginn einer Reihe von Schreckensmeldungen gewesen zu sein. Die EU-Kommission veröffentlichte nach einem Treffen der Lebensmittelexperten aller 25 Mitgliedstaaten die Ergebnisse von Testreihen der Industrie. Diese zeigen, dass 33 von 162 Proben US-amerikanischen Reises Kontaminationen mit Genreis aufweisen. Der betroffene Reis wurde deshalb nicht für den Verkauf zugelassen, versicherte die Branche nach Kommissionsangaben. Außerdem forderte Brüssel die EU-Mitgliedstaaten auf, mit eigenen Testreihen zu beginnen. Aldi kündigte gestern an, den verunreinigten Reis in den betroffenen Filialen in Norddeutschland und im Großraum Berlin aus dem Sortiment zu nehmen. Eine Sprecherin sagte: »Kunden können den Reis auch zurückgeben und erhalten das Geld zurück.« Von den Ergebnissen der Untersuchung zeigte Aldi sich überrascht. Die Sprecherin sagte, es wären vor drei Wochen Tests durchgeführt und keine Hinweise auf Genreis gefunden worden. Der Discounter räumte jedoch ein, dass zu dem Zeitpunkt vielleicht noch keine ausreichenden Untersuchungsmethoden verfügbar waren. Trotz der ergriffenen Maßnahmen bleibt die Frage, wie so eine Kontamination überhaupt möglich war. Ulrike Brendel, Gentechnik-Expertin bei Greenpeace, sagt: »Es wird wieder einmal deutlich, dass die Hersteller von genmanipulierten Pflanzen deren Ausbreitung nicht verhindern können, vielleicht auch nicht verhindern wollen.« Die Coordination gegen Bayer-Gefahren äußerte den Verdacht, dass die Unternehmen gezielt daraufhin arbeiten würden, gentechnisch verändertes Material unauffällig auf den Markt zu bringen, um so mit der Zeit eine rechtliche Grundlage zu erschleichen. Für den Verbraucher stellt sich darüber hinaus noch die Frage, wie viele weitere gentechnisch veränderte Lebensmittel Spuren in unseren Supermarkt-Regalen hinterlassen haben.
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