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Wowereit und Müller mit Hauptrolle

Der Untersuchungsausschuss zur Staatsoper Unter den Linden nimmt seine Arbeit auf

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Sanierung der Staatsoper kostet 150 Millionen Euro mehr. Jetzt beginnt die Suche nach den Verantwortlichen und nach Antworten, zum Beispiel wie so etwas nach dem BER-Desaster noch einmal passieren konnte.

Seit Freitag wird das nächste Baudesaster Berlins aufgeklärt: Ein Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses will ergründen, warum bei der Sanierung der Staatsoper Unter den Linden die Kosten explodierten und Zeitpläne Makulatur wurden. Es ist bereits das zweite derartige Gremium in dieser Legislaturperiode. Der BER-Untersuchungsausschuss versucht seit Oktober 2012 herauszufinden, was auf der Flughafenbaustelle schief gelaufen ist.

So viel Zeit wie ihre BER-Kollegen haben die neun Abgeordneten im Opern-Ausschuss nicht. Sie wollen in genau einem Jahr ihren Abschlussbericht vorlegen. Wolfram Prieß von den Piraten sieht den Zeitrahmen kritisch und befürchtet, dass bei der Vielzahl der Zeugen und Beweisanträge »wir vielleicht in die Verlängerung gehen müssen.« Das aber dürfte kaum funktionieren. Die Arbeit des Ausschusses sei »objektiv zeitlich begrenzt«, wie dessen Vorsitzender Wolfgang Brauer von der Linksfraktion unter Hinweis auf das Ende der Legislaturperiode betonte. Wenn im Herbst 2016 das Abgeordnetenhaus neu gewählt wird und der Ausschuss seine Arbeit noch nicht beendet hat, müsste das neue Parlament entscheiden, ob es einen neuen Ausschuss einsetzt.

In 18 Sitzungen soll die Aufklärung des Bauskandals gelingen. In der ersten am Freitag verständigten sich die neun Ausschussmitglieder auf die zu befragenden Zeugen. Die prominentesten sind der Regierende Bürgermeister Michael Müller und sein Vorgänger Klaus Wowereit (beide SPD). Wowereit soll als Ex-Kultursenator befragt werden, Müller als damaliger Stadtentwicklungssenator. Auch Müllers Vorgängerin in diesem Amt, Ingeborg Junge Reyer (SPD), und Ex-Kultursenator Thomas Flierl (LINKE) werden vorgeladen, außerdem Senatsbaudirektorin Regula Lüscher und der Generalmusikdirektor der Staatsoper, Daniel Barenboim. Es gehe darum, auch die politische Verantwortung für die jahrelange Bauverzögerung und die Kostenexplosion bei der Sanierung des Opernhauses zu klären, so Brauer.

Die Sanierung hatte 2010 begonnen und sollte drei Jahre später beendet sein. Inzwischen ist von Herbst 2017 die Rede. In diesen Jahren stiegen die Kosten von 239 auf derzeit 389 Millionen Euro. Der schlammige Boden und der Zustand des Gebäudes lieferten immer wieder neue Überraschungen. Große Kostentreiber sind der unterirdische Tunnel zum Intendanzgebäude, durch den die Bühnenbilder transportiert werden sollen, und die neue Saaldecke. Die wird um fünf Meter angehoben, um die Nachhallzeit um 0,5 Sekunden zu erhöhen.

Für die Koalitionsfraktionen SPD und CDU liegen damit die Fakten auf dem Tisch, sie versprachen aber konstruktive Mitarbeit. Es gehe darum, »ob aus den Erfahrungen bei der Staatsopernsanierung Schlussfolgerungen für weitere Sanierungsprojekte gezogen werden können«, so Ülker Radziwill (SPD) und Matthias Brauner (CDU). Ihr Kollege von den Grünen, Matthias Schruoffeneger, mahnte, sich nicht in Fragen der Bautechnik zu verlieren. Der Ausschuss müsse sich vielmehr darauf konzentrieren, ob es »strukturelle Verfahrensprobleme« gibt, die dafür sorgen, dass Kulturbauten in Berlin oft teurer werden.

Was kein Problem nur bei Kulturbauten sei, wie Brauer mit Hinweis auf den BER bemerkte. Auch er will weg von »gängigen Erklärungsmustern wie ›schwieriger Baugrund‹«, sondern die strukturellen Probleme ergründen. »Wir werden vielleicht nicht den Stein der Weisen finden, aber es durch die Ergebnisse unserer Arbeit erschweren, dass solche Dinge künftig passieren können.«

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