Das Minimum ist die Untergrenze

Hartz-IV-Sanktionen können nicht verfassungskonform sein, meint Fabian Lambeck

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 1 Min.

Sanktionen, die das Sozialgericht Gotha für verfassungswidrig hält, sind das größte Druckmittel der Jobcenter. Verpasst ein Hartz-IV-Bezieher seinen Termin beim Amt, kürzt man seinen Regelsatz um zehn Prozent. Weigert er sich gar, eine schlechtbezahlte Tätigkeit anzunehmen, dann reduziert sich der Satz gleich um 30 Prozent. Bei fortdauernder Renitenz wird weiter sanktioniert. Im Extremfall bis zu 100 Prozent. Wer einen Großteil seines dürftigen Regelsatzes einbüßt, der fällt unter das Existenzminimum. Demzufolge kann das Bundesverfassungsgericht, wenn es sich nach seinen eigenen, bisher gefällten Urteilen richtet, nur im Sinne des Klägers entscheiden. Denn der vollständige Regelsatz deckt das Existenzminimum gerade noch so ab, befanden die Richter 2014. Jede Kürzung hat also eine Unterschreitung dieses Minimums zur Folge.

In ihrem Hartz-IV-Urteil aus dem Jahre 2010 schrieben die Karlsruher Richter, das Grundgesetz sichere jedem Hilfebedürftigen »diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind«. Wer aber, wie im Gothaer Fall, eine 60-prozentige Kürzung verkraften muss, der ist von jedem kulturellen und gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Denn er muss fürchten, am Ende des Monats nicht mehr satt zu werden. Karlsruhe kann gar nicht anders, als den Gesetzgeber zu zwingen, die Sanktionen zu streichen.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal