Fahrstuhlführer
Personalie: FDP-Chef Christian Lindner
Ob es an der Lanze liegt, die er nun gegen den geplanten »Führerschein« für Paternoster-Aufzüge bricht? An den erfolgreichen Spitzenkandidatinnen in Hamburg und Bremen? An der neuen Parteifarbe Magenta, dem seltsamen Motto »German Mut«? Oder doch nur an der AfD, die zusehends ehrbare Besserverdiener vergrault?
Schwer zu sagen. Fest zu stehen scheint aber, dass Christian Lindner und seine FDP sich wieder im Aufwind befinden und die Chance auf ein Comeback haben - bei etlichen der zehn Landtagswahlen bis zur Bundestagswahl 2017 und vielleicht auch bei derselben. Zumindest sieht eine Forsa-Umfrage die Partei bundesweit erstmals seit Jahren klar über fünf Prozent. Womit Schwarz-Gelb wieder möglich scheint.
Das sind Momentaufnahmen, doch zeichnet sich eine Wende ab - auch ein persönlicher Erfolg für den mit 36 noch immer jungen Chef einer Traditionspartei, deren Ego zuletzt Fahrstuhl fuhr. Vom Bundestagstriumph 2009 fiel man in ein tiefes Loch; kaum fing man sich, folgte der nächste Dämpfer. Tiefpunkt war neben dem Bundes-Aus von 2013 die Saar-Wahl 2012 mit 1,2 Prozent.
Ob es nun dauerhaft aufwärts geht, hängt vom Fahrstuhlführer ab. Lindner ist - Katja Suding hin, Lencke Steiner her - das Gesicht der FDP. Dass sich der Politologe 2013 nach vorne traute, lässt die Hasenfüßigkeit vergessen, mit der er sich im Absturz von 2011 als Parteigeneral vom Acker machte.
Einen Akzent, mit dem sich die FDP sehr klar von der Lucke-Petry-Truppe abhebt, setzte Lindner zuletzt mit der Verfassungsklage gegen die Vorratsdatenspeicherung. Das ist, auch wenn sich die Partei nun nicht mehr so nennt, liberal im besseren Sinn.
Eins sollte der vormalige erfolglose Jungunternehmer dabei bedenken: Marken leben von Glaubwürdigkeit. Der Absturz der FDP hatte viel damit zu tun, dass man ihr vielleicht zutraute, die Freiheit gegen das Nichtrauchergesetz oder den Veggie-Day - oder jetzt die Paternoster-Regulierung - zu verteidigen. Nicht aber gegen die maßlosen Sicherheitsapparate.
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