Barde der Bewegung

Der Liedermacher Walter Mossmann ist tot

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 2 Min.
Als Chansonnier und Politaktivist begleitete Mossmann die Anti-Atom-Bewegung mit seinen Songs. In der Nacht zum Samstag starb der gebürtige Karlsruher.

Sein »Lied vom Lebensvogel« ist bis heute die Hymne der Gorleben-Gegner. Von den Anfängen in Wyhl bis zu den Castortransporten ins Wendland begleitete Walter Mossmann die Anti-AKW-Bewegung mit seinen Balladen, Ideen und klugen Kommentaren. In der Nacht zum Samstag starb der Filme- und Liedermacher, Sänger und politische Aktivist infolge einer Krebskrankenerkrankung im badischen Breisach. Er wurde 73 Jahre alt.

Beeinflusst von dem linken französischen Chansonier George Brassens, war Mossmann in der Liedermacherszene schon seit seinen Auftritten bei den legendären Burg Waldeck-Festivals 1965 und 1966 bekannt. Als Journalist und Moderator arbeitete er nach dem Studium in Freiburg für den Südwestfunk, bis er sich mit dem Sender anlegte und kündigte.

Als die Bevölkerung 1975 das AKW-Gelände in Wyhl besetzte, wurde Mossmann mit seiner Gitarre eines der Gesichter des Widerstandes. Und dessen Stimme: In dieser Zeit schrieb er die meisten seiner zahlreichen Protestlieder, er tourte damit durch die ganze Republik.

Im Mai 1980 kam Mossmann in die »Republik Freies Wendland«, das Hüttendorf im Gorlebener Wald. Er verliebte sich und blieb bis zur Räumung durch eine Bürgerkriegsarmada von Polizei und Bundesgrenzschutz. 2009 war Mossmann das letzte Mal bei einem Auftritt im Wendland, bei der Kulturellen Landpartie las er aus seinen »wahrheitsgetreu gefälschten Erinnerungen«. Balladen vortragen konnte er damals schon längst nicht mehr, ein Kehlkopfkrebs hatte seine Singstimme zerstört.

Nicht nur im Atomkonflikt zeigte Mossmann klare Kante: Als Student gegen verkrustete Strukturen in Hochschulen und Gesellschaft, als Kritiker des Sozialismus a lá DDR gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann, nach der Tschernobyl-Katastrophe engagierte er sich auch für Basisgruppen in der Ukraine und lebte zeitweilig in Freiburgs Partnerstadt Lwiw (Lemberg).

»Er war ein kritischer Demokrat und undogmatischer Linker, dem alle ‚Ismen‘ und insbesondere der Antisemitismus zutiefst zuwider waren«, würdigte die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg gestern den Verstorbenen. »Die Umweltbewegung und die sozialen Bewegungen haben einen angenehm-unbequemen Freund und Mitstreiter verloren. Wir sind traurig.«

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