Cyber-Angriff auf Bundestag ist Geheimsache

Beim Spähangriff wurden Daten erbeutet - welche, von wem ist noch unbekannt

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Details zum Hackerangriff auf das parlamentseigene Computer-Netzwerk wurden als geheim eingestuft. Nach anfänglichen Dementis ist nun aber bekannt, dass die Angreifer Daten geraubt haben.

Man stelle sich einmal vor, das geschützte Computer-Netzwerk eines Parlaments wird von einer ausländischen Macht attackiert, diese stiehlt geheime Daten und die zuständige Sicherheitsbehörde sieht sich anfangs nicht in der Lage, den Spähangriff zu stoppen. Eben das ist vor wenigen Tagen in Deutschland passiert. Trotz dieser brisanten Gemengelage blieb der große Aufschrei bislang aus. Dabei hatten es die Hacker offenbar auf so sensible Daten wie die Unterlagen des NSA-Untersuchungsausschusses abgesehen, der ironischerweise »Ausmaß und Hintergründe der Ausspähungen durch ausländische Geheimdienste in Deutschland aufklären« soll. Noch peinlicher: Die entscheidenden Tipps, die zur Entdeckung der Cyber-Attacke führten, kamen zwar von zwei Seiten. Doch keine davon war ein deutscher Sicherheitsdienst. Nach »nd«-Informationen wurden entsprechende Warnungen zum einen aus den Fraktionen abgegeben, als man dort bemerkte, dass etwas faul war.

Zum anderen soll es eine »befreundete Macht« gewesen sein, die die Abteilung für Spionageabwehr beim Verfassungsschutz Anfang Mai darüber informierte, dass eine Schadsoftware aus dem Netzwerk des Bundestags heraus mit »verdächtigen« ausländischen Servern kommunizierte. Die »Welt« sah darin gleich eine »Spur nach Osteuropa«. Der russische Geheimdienst? So einfach ist die Sache nicht. Der Journalist Peter Welchering erinnerte in einem Beitrag für den WDR daran, dass sich nordamerikanische und britische Nachrichtendienste »exzellent ausgebildeter rumänischer Hackergruppen« bedienten, »wenn sie Regierungsziele in Deutschland angreifen wollten«. Der »Spiegel« zitierte »Sicherheitsexperten«, die Parallelen zu einem Cyberangriff auf deutsche Datenleitungen im Jahre 2014 sehen, »hinter dem ebenfalls ein feindlicher Nachrichtendienst vermutet wird«.

Der netzpolitische Sprecher der Grünen, Konstantin von Notz, äußerte gegenüber der »Berliner Morgenpost« keinen konkreten Verdacht, betonte aber: »Man hat den Eindruck, dass das eine geheimdienstliche Qualität hat«. Der Grüne beklagte: »Beim Schutz vor Cyberattacken ist in den vergangenen Jahren wenn überhaupt nur sporadisch etwas passiert, obwohl die Probleme seit langem bekannt sind«. Es brauche konkrete Schritte, um die Infrastruktur besser abzusichern.

Derzeit konzentriert man sich ganz darauf, keine Details nach draußen dringen zu lassen. Im Bundestag wurde die Angelegenheit unter »Geheimhaltung« gestellt. Das schürt in den Fraktionen aber die Unsicherheit, wie ein Mitarbeiter der LINKEN am Dienstag dem »nd« sagte.

Und die Daten? Auch wenn Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) in einem Rundschreiben an die Fraktionen, das »nd« vorliegt, vor wenigen Tagen beteuert hatte, dass Datenabflüsse aus dem Netz des Parlaments »bisher nicht nachweisbar« seien, musste man mittlerweile eingestehen, dass tatsächlich Informationen ins Ausland gelangten. »Die betroffenen Büros sind informiert und Gegenmaßnahmen sind ergriffen worden«, heißt es in einer Antwort der Bundestagsverwaltung auf eine Anfrage des »nd«. Ansonsten bitte man aber um Verständnis, »dass wir über weitere Details keine Auskünfte erteilen können«.

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