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Der Tierpark soll laut Chef Andreas Knieriem bis 2030 eine riesige Erlebniswelt werden

Afrikalodge, Seilbahn, Märchenwald und die größte Vogelvoliere Europas. Tierparkchef Andreas Knieriem denkt nur in großen Dimensionen, wenn es um die Zukunft des Tierparks geht.

Eigentlich hat der Mann überhaupt nichts von Apple-Gründer Steve Jobs, noch nicht mal was von Tim Cook. Trotzdem macht Tierpark- und Zoodirektor Andreas Knieriem in grünem Jackett mit Einstecktuch aus der Präsentation seiner Pläne für den Tierpark eine Zeremonie. Fast zwei Stunden spricht er am Dienstagvormittag im Schloss Friedrichsfelde vor einer Leinwand mit diversen Folien hin und her laufend von seinem Masterplan für das 160 Hektar große Areal, der in den nächsten 15 Jahren umgesetzt werden soll.

Knieriem gibt sich nicht mit kleinen Schönheitskorrekturen zufrieden. Der Tierpark soll Europas größter Erlebniszoo werden, das wird schnell deutlich. Im Vergleich zum Zoo, der ohne Zuschüsse des Landes auskommt, ist der Tierpark immer noch ein Verlustgeschäft. Rund 5,4 Millionen Euro investierte der Senat im letzten Jahr in Instandhaltungsmaßnahmen und Sanierungsprojekte. Immerhin hat der Tierpark 2014 die magische Eine-Million-Besuchermarke geknackt.

Es geht bergauf und den Schwung will Knieriem mitnehmen. Denn außer visionär gibt er sich vor allem auch pragmatisch. Aus dem wahrscheinlich teuersten Schuttberg der Stadt, den ihm sein Amtsvorgänger Bernhard Blaszkiewitz auf dem Tierparkareal hinterlassen hat, will Knieriem eine Gondelbahn hinauf ins »Himalayagebirge« entstehen lassen. Entscheidend werden die Verhandlungen mit dem Senat, was mit dem elf Meter hohen Haufen geschehen soll. Außerdem stehen noch Gerichtsentscheide zu Entsorgungskosten aus. Mit dem unbedenklichen Teil der Erde will Knieriem aus der Not einen Besuchermagneten machen. Die Seilbahnfahrt durch »Asien« wird, wenn es nach Knieriem geht, Bestandteil des neuen Erlebniszonenkonzepts sein. Den Schuttberg will er dann vom Ostteil des Tierparks in den Westteil verladen lassen.

Im ehemaligen Direktorenhaus (Dathehaus), in dem einst Blaszkiewitz lebte, soll eine Kita für Tierparkmitarbeiter und Lichtenberger entstehen.

Von eingezäunten Tierausstellungen, die kaum Kontakt mit den Besuchern ermöglichen, will sich Knieriem etappenweise verabschieden. Der Tierpark soll nach Kontinenten aufgeteilt, Zäune durch natürliche Barrieren wie Felsen oder Hügel ersetzt werden. »Wir wollen weg vom Charme eines Sportplatzes, auf dem die höchste Erhebung der Kothaufen der Tiere ist«, sagt Knieriem. Außerdem will er den Wegeplan vereinfachen. Zwei Rundwege, einer 1,3 Kilometer und einer etwa sieben Kilometer lang, sollen die Besucher künftig an den interessantesten Attraktionen vorbeiführen. Geplant ist auch eine Zugreise durch den größten Teil der Anlage, die »Savanne«. Mit 18 Hektar wird sie in etwa die Größe des Zoo Hannover haben. Die Afrikalodge, voll im Zeitgeist der Erlebnisgastronomie, soll ein riesiges Restaurant mit Blick auf die Tiere werden.

Selbst beim Thema Forschung macht Knieriem keinen Halt vor dem Primat des miterlebenden Besuchers. Gemeinsam mit dem Leibniz-Institut soll ein Artenschutzzentrum und eine gläserne Tierklinik entstehen.

Knieriems schier endlose Wunschliste kostet Geld und so hat der Tierparkchef bis zum Jahr 2030 dann auch eine stolze Summe angemeldet. Insgesamt fast 93 Millionen Euro soll das neue Erlebniskonzept kosten. Die Umsetzung hat Knieriem langfristig in drei Phasen geteilt, wobei bis 2022 die ersten Veränderungen für 49 Millionen Euro abgeschlossen sein sollen. Dazu gehört die afrikanische Savannenlandschaft, die wiederum das meiste Geld in die Kassen bringen soll. »Wir warten nun auf ein Signal aus der Politik, dass sie ein Bekenntnis für den Tierpark abgibt«, so Knieriem. In der nächsten Sitzung des Hauptausschusses am 10. Juni wird über Knieriems Masterplan gesprochen.

Bei aller Offenheit, hielt sich Knieriem dann beim Thema Freizeitbad zurück. »Wenn das von der Politik gewünscht ist, sind wir gesprächsbereit. Ich bin jedoch Zoodirektor und kein Stadtplaner.« Knieriem machte klar, dass das Bad, wenn überhaupt, dann nicht im Kernbereich des Tierparks entstehen wird. »Am Rand gäbe es vielleicht noch freie Flächen«, sagte Knieriem. Nach einem Spaßbad sucht man dann auch in dem 180-seitigen Entwicklungsplan vergebens.

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