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Erstmals koalieren SPÖ und rechte FPÖ auf Landesebene

Rot-Blaues Regierungsbündnis im österreichischen Burgenland / Sozialdemokraten: Kein Vorbild für Wien

  • Lesedauer: 3 Min.
Die ausländerfeindlichen Kampagne der rechten FPÖ in Österreich hatte SPÖ-Chef Werner Faymann noch als »Aufhetzung« angeprangert. Das lange gehegte FPÖ-Feindbild hindert die SPÖ aber nicht an einer Premiere.

Wien. In Österreich ist die sozialdemokratische SPÖ erstmals auf Landesebene eine Koalition mit der rechten FPÖ eingegangen. Nur fünf Tage nach der Landtagswahl im Burgenland einigten sich Ministerpräsident Hans Niessl (SPÖ) und der Landeschef der FPÖ, Johann Tschürtz, auf ein rot-blaues Regierungsbündnis. Es sei »auch aus demokratiepolitischen Gründen nachvollziehbar«, dass die stärkste Partei den Ministerpräsidenten stelle und die Partei mit den meisten Stimmengewinnen in einer Koalition vertreten sei, sagte Niessl.

Die FPÖ hatte im Burgenland nicht zuletzt mit einer ausländerfeindlichen Kampagne bei der Wahl am vergangenen Sonntag ihr Ergebnis auf 15 Prozent fast verdoppelt. Die SPÖ blieb trotz Verlusten mit 41,9 Prozent stärkste Kraft. Die Koalition gilt SPÖ-intern als stark umstritten. Ein Parteitagsbeschluss sowie vielfache Äußerungen des SPÖ-Chefs und Bundeskanzlers Werner Faymann hatten ein solches Zusammengehen zumindest auf Bundesebene bisher ausgeschlossen.

In der österreichischen Linken ist von einem »rot-blauen Tabubruch« die Rede, der »die völlige Orientierungslosigkeit in der SPÖ ebenso wie die politische und moralische Verkommenheit mancher ihrer führenden RepräsentantInnen« zeige, wie es auf dem mosaikblog.at heißt. »Manche meinen, dass eine Regierungsbeteiligung der FPÖ diese schnell ›entzaubern’ könne«, doch dies sei »eine fatale Fehleinschätzung«. Auch deshalb, weil »Rot-Blau der Erzählung der Freiheitlichen genau in die Hände« spiele: »Die FPÖ inszeniert sich ja gerne als ›soziale Heimatpartei‹ und Vertreterin der Interessen des ›kleinen Mannes‹, obwohl das Gegenteil der Fall ist: Sie tritt gegen eine Besteuerung von Vermögen und hohen Einkommen und unter dem Decknamen ›Verwaltungsreform’ für massive Kürzungen bei sozialer und öffentlicher Infrastruktur ein«.

In der österreichischen Linken wird vor diesem Hintergrund umso mehr für »ein neues, gemeinsames politisches Projekt zu entwickeln«. Nichtstun sei angesichts des Kurses der SPÖ keine Option. »In den letzten Tagen wurde aber auch deutlich, dass sich sehr viele Menschen mit dieser unerträglichen Situation nicht abfinden wollen«, heißt es beim mosaikblog.at. Auch innerhalb der SPD weiten sich »die Risse auf allen Ebenen zu Gräben aus«. Zudem würden »viele Menschen, die sich anderen oder gar keinen Parteien verpflichtet fühlen«, mehr und mehr »wütend und ratlos« zeigen. Es gehe nun darum, »die Empörung in Engagement zu übersetzen. Es geht darum, etwas auf die Beine zu stellen, um sowohl der zerbröselnden SPÖ wie auch den erstarkenden Rechtsextremen ein positives Projekt entgegen zu setzen«.

Faymann hatte als erste Reaktion auf die FPÖ-Triumphe im Burgenland und in der Steiermark - dort hatte die einst vom Rechtspopulisten Jörg Haider geführte FPÖ ihr Ergebnis fast verdreifacht - von »Aufhetzern« gesprochen. Ihnen müssten das Land und die SPÖ Paroli bieten. Für den Bund schließt Faymann eine rot-blaue Koalition weiter aus. Die nächsten Landtagswahlen sind im Herbst in Oberösterreich und in Wien. Wiens Bürgermeister und Ministerpräsident Michael Häupl (SPÖ), aktuell Chef einer rot-grünen Regierung, lehnt eine Koalition mit der FPÖ strikt ab. dpa/nd

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